NACHBARSCHAFTSRECHT
Zum Anspruch eines Eigentümers auf Beseitigung von herüberwachsenden Pflanzen
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Die Parteien sind zwei Wohnungseigentümergemeinschaften, denen zwei benachbarte Anwesen in der B.straße in München gehören.
1987 ließ die beklagte WEG an der hofseitigen Rückwand ihres Anwesens Efeu pflanzen, der bis 1991 an beiden Hauswänden bis zum Dach hochwuchs. Im Sommer 1991 renovierten die Beklagten die Fassade ihres Anwesens. Dabei wurden die Efeuwurzeln entfernt mit der Folge, dass die am Anwesen der Klägerin befindlichen Efeuranken verwelkten und abstarben. Da die Beklagten die Beseitigung der Ranken ablehnten, legte ein Miteigentümer der Klagepartei selbst Hand an und beseitigte einen Teil der Ranken zwischen dem ersten und zweiten Obergeschoß. Hierzu wurde nach Angaben der Klagepartei vier Stunden aufgewendet.
Die vor dem Amtsgericht München klagende WEG verlangte von den Beklagten die Beseitigung der abgestorbenen Ranken, weil dadurch ihr Eigentum beeinträchtigt werde. Zudem sollten die Beklagten 80,- Euro bezahlen, den Arbeitsaufwand, der für die teilweise Beseitigung der Pflanzenreste anfiel. Schließlich sollte das Gericht feststellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Fassadenschäden zu beseitigen, die durch die (zukünftige) Entfernung der Ranken entstehen würden.
Die beklagte WEG wandte vor Gericht ein, es sei rechtsmissbräuchlich, die Beseitigung der Pflanzenreste zu verlangen, da sich die Klagepartei an den lebenden Pflanzen über zehn Jahre lang erfreut habe. Die Beseitigung des Efeu sei niemals verlangt worden. Damit sei der Anspruch verwirkt. Auch habe es nicht vier Stunden Arbeitszeit bedurft, um die Pflanzenreste zwischen dem ersten und zweiten Obergeschoß zu beseitigen.
Die zuständige Richterin des Amtsgerichts München gab der Klage in fast allen Punkten statt.
Der Efeu sei ein „Überwuchs“, der von dem Grundstück der Beklagten ausgehe und daher eine Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger darstelle. Die jahrelange Duldung der Pflanzen führe auch nicht zur Verwirkung des Anspruchs, weil die Duldung sich ausschließlich auf die lebenden Pflanzen bezogen habe. Dieser Zustand habe sich durch die Wurzelkappung geändert. Damit sei eine neue Sachlage und damit auch ein neuer Anspruch auf Beseitigung entstanden. Auch könnten die Beklagten die Klagepartei nicht - wie vor Gericht vorgetragen - darauf verweisen, dass die Beseitigung mit weit geringeren Kosten aus den jeweiligen Wohnungen der Klagepartei bzw. deren Balkonen durch die Eigentümer/Mieter selbst erfolgen könne. Derartige Selbstgefährdungen seien der Klagepartei nicht zuzumuten. Allerdings sei der Anspruch bezüglich des Arbeitsaufwands zur Beseitigung der Pflanzenreste zwischen dem ersten und zweiten Obergeschoß auf 40,- Euro zu kürzen. Während der von der Klagepartei behaupteten Arbeitszeit, sei der Miteigentümer der Klagepartei von Zeugen zeitweise auch bei anderen Beschäftigungen gesehen worden. Daher könne sich das Gericht letztlich nur von einem Arbeitsaufwand von 2 Stunden überzeugen.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten wurde vom Landgericht München I durch Beschluss als unbegründet zurückgewiesen.
(Gz.: 273 C 17038/02 AG München
20 S 8677/03 LG München I)