ARBEITSRECHT
Arbeitsunfall bei der Pflege von Angehörigen
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Kommt es bei der Pflege von einem nahen Angehörigen zu einem Sturz, könnte es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Das gilt eventuell auch bei einem Sturz beim Holen von Arzneimitteln.
Eine Tochter hatte eine Mutter von 85 Jahren wie pflegebedürftig war. Sie wurde von ihr und einem ambulanten Pflegedienst gepflegt. Als die Mutter im Sessel saß klagte sie plötzlich über starke Schmerzen. Die Tochter wollte ihr daraufhin ein Schmerzmittel holen um sie vom Sessel in den Rollstuhl zu heben und dann ins Bett zu bringen. Doch die Tochter stürzte auf der Treppe und stürzte sie hinunter. Als sie bei der zuständigen gesetzlichen Unfallversicherung die Anerkennung als Arbeitsunfall beantragte, lehnte diese ab. Die Versicherung verwies darauf, dass das Holen von Medikamenten nicht im Zusammenhang zu Pflegeverrichtungen gehöre und daher ein Arbeitsunfall ausscheidet. Hiermit gab sich die Tochter nicht zufrieden und klagte.
Hierzu entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 20.11.2014 – L 6 U 2398/14, das auch eine Maßnahme der sogenannten Behandlungspflege unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen kann. Die Gabe von Medikamenten ist hier als krankheitsspezifische Pflegemaßnahme in Form der Behandlungspflege anzusehen. Das gilt unter der Voraussetzung, dass wie hier ein hinreichender Zusammenhang zur pflegerischen Maßnahmen bestanden hat. Denn ohne Vergabe von dem Schmerzmittel hätte sie das Bett nicht mehr aufsuchen können. Bei der Verrichtung des zu Bett-Gehens handelt es sich um eine pflegerische Maßnahme.
Diese Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Das bedeutet, dass das Holen von Medikamenten nicht immer unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht. Soweit die Mutter im Bett gelegen und dort über Schmerzen geklagt hätte, könnte der Sturz nicht unbedingt als Arbeitsunfall angesehen werden. Es kommt hier also auf die genauen Umstände des Einzelfalls an. Dies sollten genau festgestellt werden, ehe Kontakt zu einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Kontakt aufgenommen wird. Wichtig ist, dass pflegende Angehörige wissen, dass sie ebenso wie Arbeitnehmer unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen.