ZIVILRECHT
Auf Datenschutz achten müssen auch Zeugen Jehovas
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Luxemburg (jur). Die Zeugen Jehovas dürfen bei ihrer von Tür zu Tür durchgeführten Verkündigungstätigkeit ohne Einwilligung der besuchten Personen nicht systematisch Daten über deren religiöse Überzeugungen oder auch bestehende Familienverhältnisse sammeln und verarbeiten. Auch wenn die Verkündigungstätigkeit der Religionsgemeinschaft durch das Grundrecht auf Gewissens- und Religionsfreiheit geschützt ist, besteht dennoch die Verpflichtung, sich an den Schutz personenbezogener Daten zu halten, urteilte am Dienstag, 10. Juli 2018, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-25/17).
Konkret ging es um die Arbeit der Zeugen Jehovas in Finnland. Um ihren Glauben den Menschen näher zu bringen, suchen Mitglieder der Religionsgemeinschaft regelmäßig einzelne Haushalte auf. Bei dieser Tür-zu-Tür-Verkündigungstätigkeit machten sie auch Notizen über die aufgesuchten Personen.
Schutz personenbezogener Daten muss sichergestellt werden
Dabei wurden Namen, Adressen und Informationen über religiöse Überzeugungen und Familienverhältnisse notiert. Die gesammelten Daten sollten als Gedächtnisstütze für erneute Besuche dienen. In die Datenerhebung haben die betroffenen Personen nicht eingewilligt. Zusätzlich führte die Religionsgemeinschaft eine Liste von Personen, die nicht mehr von den Zeugen Jehovas kontaktiert werden wollten.
Der Oberste Verwaltungsgerichtshof Finnland wollte nun wissen, ob es mit dem EU-Datenschutzrecht überhaupt im Einklang steht, dass die Zeugen Jehovas sich ohne Einwilligung der aufgesuchten Personen Notizen über sie machen.
Der EuGH urteilte, dass die Religionsgemeinschaft bei ihrer Verkündigungstätigkeit grundsätzlich den Schutz personenbezogener Daten sicherstellen muss. Die Luxemburger Richter entschieden allerdings nur zur alten EU-Datenschutzrichtlinie und nicht zur mittlerweile eingeführten schärferen EU-Datenschutzgrundverordnung.
Religionsgemeinschaft ist verantwortlich für den Schutz der Daten
Die Verkündigungstätigkeit sei keine „ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit, für die diese Vorschriften nicht gelten“, so die Luxemburger Richter. Nur weil die Zeugen Jehovas ihr Grundrecht auf Gewissens- und Religionsfreiheit wahrnehmen, habe ihre Verkündigungstätigkeit noch keinen ausschließlich persönlichen oder familiären Charakter.
Die Religionsgemeinschaft müsse den Schutz personenbezogener Daten dann gewährleisten, wenn die gesammelten Daten in einer „Datei“ gespeichert werden. Dabei handele es sich nicht nur um eine auf einem Computer gespeicherte „Datei“. Als „Datei“ gilt im konkreten Fall „jede Sammlung personenbezogener Daten, die im Rahmen einer Verkündigungstätigkeit von Tür zu Tür erhoben wurden“. Dies könnten auch handschriftliche Notizen sein. Diese müssten aber so strukturiert sein, dass die gesammelten Daten leicht wieder auffindbar sind.
Koordiniert und ermuntert eine Religionsgemeinschaft die Verarbeitung personenbezogener Daten durch seine Mitglieder, sei diese auch grundsätzlich für den Schutz der personenbezogenen Daten verantwortlich, betonte der EuGH.
Nach diesen Kriterien muss nun der finnische Oberste Verwaltungsgerichtshof über den Fall entscheiden.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage