ARZTHAFTUNGSRECHT
EuGH betont umfassende Produkthaftung bei Herzschrittmachern
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Luxemburg (jur). Hersteller von Herzschrittmachern und ähnlichen medizinischen Geräten müssen umfassend für Produktfehler haften. Bei entsprechenden Hinweisen können alle Produkte desselben Modells oder derselben Serie als fehlerhaft eingestuft werden, urteilte am Donnerstag, 5. März 2015, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-503/13 und C-504/13). Danach muss der Hersteller nicht nur Ersatzgeräte liefern, sondern auch notwendige Austausch-Operationen bezahlen.
Damit gab der EuGH der AOK Sachsen-Anhalt im Streit mit einem Hersteller weitgehend recht. Die Firma hatte festgestellt, dass es bei einem bestimmten Herzschrittmacher-Modell zu einem vorzeitigen Entladen der Batterien kommen konnte. Den Ärzten stellte der Hersteller neue Geräte zur Verfügung. Auch bei bestimmten implantierbaren Defibrillatoren gab es Probleme, die aber durch Deaktivieren eines Schalters behoben werden könnten.
Die AOK hatte für zwei Versicherte die für den Austausch der Geräte notwendigen Operationen zunächst bezahlt – hier 2.655 beziehungsweise 5.914 Euro. Vom Hersteller verlangte die Kasse aber Schadenersatz. Der Bundesgerichtshof legte den Streit dem EuGH vor.
Der unterstrich nun die umfangreiche Produkthaftung für alle durch einen Fehler entstandenen Schäden. Dabei seien bei medizinischen Geräten und hier auch besonders hohe Sicherheitsanforderungen zu berücksichtigen. Daher greife die Haftung für alle Produkte desselben Modells, „ohne dass der Fehler des Produkts in jedem Einzelfall nachgewiesen werden muss“. Wegen der schwerwiegenden möglichen Folgen fehlerhafter Produkte und hier auch „der Verletzlichkeit der sie nutzenden Patienten“ reiche ein „potenzieller Sicherheitsmangel“ aus.
Weiter stellte der EuGH klar, dass die Produkthaftung des Herstellers auch die Kosten für eine Operation zum Austausch der Geräte umfasst, wenn dies medizinisch notwendig ist. Hier habe der Hersteller bei den Herzschrittmachern den Austausch selbst empfohlen. Bei den Defibrillatoren dagegen sollen die deutschen Gerichte prüfen, ob der Fehler tatsächlich durch das Deaktivieren eines Schalters behoben werden konnte und ob dies durch einen geringeren medizinischen Eingriff ohne Austausch des Geräts möglich gewesen wäre.
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