FAMILIENRECHT
Gerichtliche Kindesumgangsregelung auch ohne vorherige Einschaltung des Jugendamts
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Karlsruhe (jur). Will ein getrennt lebender Elternteil das Umgangsrecht mit seinem Kind gerichtlich klären lassen, muss er nicht vorab das Jugendamt um Vermittlung mit seinem Ex-Partner bitten. Das Familiengericht darf daher nicht pauschal den Antrag des Elternteils auf eine Umgangsregelung als „mutwillig“ ablehnen, nur weil das Jugendamt nicht zuvor konsultiert wurde, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem Beschluss vom 7. Januar 2016 (Az.: 20 WF 209/15). Anders sei dies nur bei einem absehbaren Erfolg solcher Vermittlungsgespräche.
Konkret ging es um einen getrennt lebenden, nicht verheirateten Vater, der den Umgang mit seinem 2011 geborenen Kind gerichtlich festlegen lassen wollte. Bislang wurde der Umgang mit der Mutter nach Absprache geregelt.
Doch dann kam es zum Streit. Die Mutter wertete eine Äußerung des Vaters als Entführungsdrohung. Sie teilte ihm daraufhin mit, dass er das Kind nur noch in ihrem Haushalt sehen könne.
Das Jugendamt hatte dem Vater noch Gesprächseinladungen geschickt, die dieser aber nach seinen Angaben nicht erhalten hatte.
Um den Umgang mit seinem Kind nachkommen zu können, beantragte er beim Familiengericht eine gerichtliche Umgangsregelung. Außerdem verlangte er wegen geringer Einkünfte Verfahrenskostenhilfe.
Das Familiengericht lehnte den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe ab. Begründung: Der Antrag sei „mutwillig“ gestellt worden. Der Vater hätte erst einmal das Jugendamt zur außergerichtlichen kostenfreien Vermittlung und Beratung einschalten müssen.
Der Vater meinte, dass dies zu einer noch längeren Unterbrechung des Umgangs mit seinem Kind geführt hätte.
Die zerstrittenen Eltern hatten sich in einer Sitzung des Familiengerichts dann doch noch auf eine Umgangsregelung geeinigt. Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wurde aber wegen „Mutwilligkeit“ abgelehnt.
Zu Unrecht, wie das OLG entschied. Es gebe keine Verpflichtung einer vorgerichtlichen Einschaltung des Jugendamtes vor Einleitung eines gerichtlichen Umgangsverfahrens. Im Umgangsverfahren dürfe die Verfahrenskostenhilfe daher nicht pauschal mit dem Argument abgelehnt werden, dass nicht vorab die Beratung und Vermittlung des Jugendamtes in Anspruch genommen wurde.
Dies dürfe nur im Einzelfall gefordert werden, beispielsweise wenn „aussichtsreiche Möglichkeiten“ einer Verständigung bestanden haben. „Mutwillig“ sei ein Antrag auf eine gerichtliche Umgangsregelung insbesondere dann, wenn zum anderen Elternteil noch nicht einmal Kontakt zur außergerichtlichen Regelung des Umgangs aufgenommen wurde.
Hier habe die Mutter aber ausdrücklich erklärt, dass sie den Umgang des Vaters mit dem gemeinsamen Kind nur noch in ihrer Wohnung dulde.
Da die Einkommensverhältnisse des Vaters noch nicht ganz geklärt sind, konnte das Gericht nicht abschließend über die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe entscheiden.
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