ARBEITSRECHT
Kein Eintrag bei Anwaltskammer für oppositionelle türkische Anwälte
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Kein Eintrag bei Anwaltskammer für oppositionelle türkische Anwälte © Symbolgrafik:© Dan Race - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Oppositionelle türkische Anwälte, die in der Türkei aus der Rechtsanwaltskammer gestrichen wurden, können dann auch in Deutschland keine Zulassung als Rechtsanwältin oder „Rechtsanwalt nach türkischem Recht (Avukat)“ erhalten. Dem entgegenstehende Regelungen der Bundesrechtsanwaltsordnung sind nicht verfassungswidrig, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in zwei am Dienstag, 18. Juli 2023, veröffentlichten Urteilen (Az.: AnwZ (Brfg) 23/22 und AnwZ (Brfg) 24/22).
Er wies damit ein Anwalts-Ehepaar aus Ankara ab. Der Mann hatte früher in der Behörde des türkischen Ministerpräsidenten gearbeitet, die Frau in einer eigenen Kanzlei und teils ebenfalls für staatliche Behörden. Nach dem Putschversuch 2016 waren beide als oppositionell eingestuft und von ihren Posten entlassen worden. Wegen angeblicher Zugehörigkeit zum Gülen-Netzwerk wurden beide auch strafrechtlich verfolgt. Im September 2016 flohen sie mit ihrem Sohn nach Deutschland.
Die türkischen Behörden löschten daraufhin den Wohnsitz der Familie in Ankara. Beiträge zur dortigen Rechtsanwaltskammer konnten die Anwältin und der Anwalt von Deutschland aus nicht überweisen. Die ausstehenden Beiträge nahm die Kammer dann zum Anlass, die Mitgliedschaften zu beenden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erkannte sie als Flüchtlinge an.
Um nun hier als Anwälte arbeiten zu können, beantragten beide Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer Köln als Rechtsanwalt beziehungsweise „Rechtsanwältin nach türkischem Recht (Avukat)“. Weil sie keine Bescheinigungen der Türkei über die dortige „Zugehörigkeit zum Rechtsanwaltsberuf“ vorlegen konnten, lehnte die Kölner Kammer die Aufnahme ab.
Mit ihren Klagen verwies das Anwaltspaar auf ihre Flüchtlingseigenschaft. Die geforderten Bescheinigungen könnten sie nicht vorlegen, weil sie in der Türkei als oppositionell eingestuft und aus der dortigen Rechtsanwaltskammer ausgetragen worden seien.
Der Anwaltsgerichtshof in Hamm und nun auch der BGH wiesen die Klagen ab. Zur Begründung verwiesen sie auf die Bundesrechtsanwaltsordnung. Danach sei die Eintragung für das Recht des Herkunftslandes nur vorgesehen, wenn die Anwälte dort ihren Beruf ausüben dürfen. Das sei hier aber nicht der Fall. Bei beiden sei die Mitgliedschaft in der türkischen Anwaltskammer gelöscht worden. Daher seien sie in der Türkei auch nicht mehr als „Avukat“ zugelassen.
Ausnahmen für anerkannte Flüchtlinge seien nach den eindeutigen Vorgaben der Bundesrechtsanwaltsordnung nicht möglich, so der BGH weiter. Dies greife zwar in die Handlungsfreiheit ein, sei aber durch das Ziel gerechtfertigt, „die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen“. Auf die Berufsfreiheit könnten sie sich als Ausländer nicht berufen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock