ARBEITSRECHT
Keine Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrages wegen Unsicherheit
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Mainz (jur). Allein die Unsicherheit über den künftigen Bedarf an Arbeitskräften rechtfertigt noch keine Befristung neuer Arbeitsverhältnisse. Diese ist nur zulässig, wenn ein zeitliches Ende des Bedarfs absehbar ist, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 2. März 2017 betont (Az.: 7 Sa 360/16). Damit hob es die Befristung einer Sprachförderlehrerin für Kinder von Asylbewerbern auf.
Die heute 39-jährige Frau arbeitet in einer großen Aufnahmeeinrichtung des Landes Rheinland-Pfalz für Asylbewerber. Sie wurde dort im Oktober 2012 als zweite Sprachlehrerin für Kinder eingestellt, inzwischen gibt es dort für diese Aufgabe sogar eine dritte Kollegin.
Trotz kontinuierlich steigender Belegungszahlen der Einrichtung erhielt die Sprachlehrerin immer wieder nur befristete Verträge, zuletzt ihren siebten Vertrag am 3. Juli 2015.
Auch dieser sollte nur über ein Jahr laufen. Rechtzeitig vorher legte die Sprachförderlehrerin Klage ein. Die Befristung habe keinen sachlichen Grund und sei daher unwirksam.
Befristung wurde aufgehoben
Demgegenüber meinte das Land, die Asylbewerber und ihre Kinder seien immer nur vorübergehend in der Einrichtung untergebracht. Ihre Zahl gehe inzwischen wieder zurück. Bei Vertragsschluss sei auch bekannt gewesen, dass die Bundesregierung Maßnahmen ergreifen will, um die Zahl der Asylbewerber zu begrenzen.
Schon das Arbeitsgericht Trier hatte jedoch die Befristung aufgehoben. Dem ist nun auch das LAG Mainz gefolgt. Die Befristung sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.
Eine Befristung über zwei Jahre hinaus sei nur zulässig, „wenn absehbar ist, dass die vereinbarten Arbeitsaufgaben im Betrieb nur vorübergehend anfallen“ (so auch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Januar 2007, Az.: 7 AZR 20/06).
Sprachliche Förderung ist staatliche Daueraufgabe
Dagegen rechtfertige „die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit“ eine Befristung nicht. Diese gehöre „zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers“.
„Es reicht demnach nicht aus, dass sich lediglich unbestimmt abzeichnet, auf Grund welcher Abläufe eine Tätigkeit des Arbeitnehmers in der Zukunft entbehrlich sein könnte“, stellte das LAG klar (ähnlich Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11. September 2013, Az.: 7 AZR 107/12; JurAgentur-Meldung vom Folgetag).
Im konkreten Fall gehe es um die Betreuung und sprachliche Förderung von Flüchtlingskindern. Dies sei kein zeitlich begrenztes „Projekt“, sondern eine staatliche Daueraufgabe, betonte das LAG Mainz.
Eine Handfeste Prognose für einen rückläufigen Bedarf habe das Land nicht vorgelegt. Im Gegenteil sei bei Vertragsschluss ein Rückgang der Flüchtlingszahlen zeitlich nicht absehbar gewesen. Allein die Ankündigung der Bundesregierung, die Zahl der Asylbewerber verringern zu wollen, reiche nicht aus. Auf befristete Haushaltsmittel habe sich das Land nicht berufen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage