TIERRECHT
Kleinsein eines Hundes lässt Tiergefahr nicht gänzlich entfallen
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Düsseldorf (jur). Kleinsein lässt die bei einem Hund angenommene Tiergefahr nicht entfallen. Verletzt ein Schäferhund mit einem Biss einen viel kleineren Hund, muss der Halter des kleineren Vierbeiners daher regelmäßig mit für den erlittenen Schaden haften, entschied das Amtsgericht Düsseldorf in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 3. Februar 2022 (Az.: 27 C 40/21). Allerdings dürfen die angefallenen Tierarztkosten, für die gegebenenfalls der Haftpflichtversicherer eintreten muss, durchaus über ein Vielfaches des Marktwertes des verletzten Tieres liegen.
Konkret ging es um einen Beißvorfall zwischen einem Schäferhund und einem viel kleineren Hund der Rasse Bichon Frisé. Die angeleinten Tiere trafen auf einer Grünfläche aufeinander und beschnupperten sich. Danach biss sich der Schäferhund an dem kleinen Hund fest und wirbelte ihn durch die Luft.
Der acht Jahre alte Bichon Frisé erlitt eine Fleischwunde. Die Tierarztkosten beliefen sich auf 1.906 Euro.
Die Halterin des verletzten Hundes verlangte von der Haftpflichtversicherung des Schäferhundhalters die volle Erstattung der Tierarztaufwendungen. Da der Schäferhund viel größer und stärker gewesen sei, müssten sämtliche Kosten übernommen werden.
Der Versicherer des Schäferhundes übernahm nur die Hälfte der Tierarztkosten. Die Tierarztkosten seien angesichts des Wertes des Hundes unverhältnismäßig hoch. Der Kaufpreis habe nur 1.200 Euro betragen.
Das Amtsgericht verurteilte den Haftpflichtversicherer zu einer weiteren Zahlung von 476 Euro. Bei einem Schadensereignis, bei dem zwei Hunde beteiligt sind, sei die „mitwirkende Tiergefahr des jeweils anderen Hundes“ zu berücksichtigen. Bei Hunden mit ihren angeborenen Instinkten und Revierverhalten sei zwar üblich von einer Mithaftung beider Tiere von 50 Prozent auszugehen. Auch die Größe und Konstitution der jeweiligen Hunde spielten aber eine Rolle.
Im Streitfall sei von einer Haftungsverteilung von 25 Prozent zu 75 Prozent zulasten der Versicherung des Schäferhundhalters auszugehen. Der Schäferhund sei viel größer und stärker gewesen, so dass von ihm eine größere Tiergefahr ausgegangen war. Allerdings trete die Tiergefahr des kleineren Hundes nicht vollends zurück. Denn der Bichon Frisé habe sich nicht passiv verhalten, sondern habe aktiv den anderen Hund beschnuppert. Letztlich hätten sich hier die „hundeeigenen Instinkte“ realisiert.
Die Tierarztkosten seien aber nicht unverhältnismäßig, nur weil diese deutlich höher liegen als der Wert des Tieres. Anders als bei Sachen sei hier nicht die Verhältnismäßigkeitsschwelle von 130 Prozent anzusetzen. Bei Hunden liege diese bei einem Vielfachen des Marktwertes, so das Amtsgericht.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock