ARBEITSRECHT
Mitbestimmungspflichtig ist Attest am ersten Krankheitstag
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Bremen (jur). Ständig kurzzeitig erkrankte Arbeitnehmer können zwar bereits ab dem ersten Krankheitstag zur Vorlage eines ärztlichen Attests verpflichtet werden. Vorher muss aber der Personalrat dazu angehört werden, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen in einem am Mittwoch, 28. Juni 2017, veröffentlichten Beschluss zu den landesrechtlichen bremischen Bestimmungen (OVG 6 LP 54/15). Die Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde zugelassen.
Laut Gesetz müssen Arbeitnehmer ein Attest spätestens ab dem vierten Krankheitstag vorlegen, der Arbeitgeber kann dies aber auch schon früher verlangen.
Im konkreten Fall ging es um eine beim bremischen Senator für Umwelt, Bau und Verkehr tätige Arbeitnehmerin, die wegen ständiger Kurzzeiterkrankungen dazu verpflichtet wurde, bereits ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest vorzulegen. Die Anordnung war auf zwei Jahre befristet.
Vorlage des ärztlichen Attests
Der Personalrat fühlte sich jedoch von der Anordnung zur Vorlage des ärztlichen Attests am ersten Krankheitstag übergangen. Solch eine Maßnahme dürfe die Personalstelle nicht allein beschließen. Die Maßnahme sei mitbestimmungspflichtig.
Dem folgte auch das OVG in seinem Beschluss vom 31. Mai 2017. Zwar sei die im Streit stehende Anordnung in den bremischen Vorschriften zur Mitbestimmung des Personalrats nicht explizit aufgeführt. Die darin aufgeführten Fälle seien jedoch nur Beispiele für das Recht auf Mitbestimmung. Dazu gehöre etwa die Mitbestimmung bei Einstellung und Beförderung von Beamten, der Versetzung oder auch der Rückgruppierung und Kündigung von Arbeitnehmern.
Mitbestimmungsrecht
Der Beispielcharakter werde auch dadurch deutlich, dass nur rudimentär im Gesetz einzelne Fälle für eine Mitbestimmung aufgeführt werden. In anderen Bundesländern - wie etwa Rheinland-Pfalz - seien die einzelnen Mitbestimmungsrechte dagegen wesentlich umfassender aufgeführt.
In Bremen habe der Gesetzgeber letztlich ein „echtes Mitbestimmungsrecht“ in „allen personellen und sozialen Fragen“ einräumen wollen. Dazu gehöre damit auch die Anordnung, ein ärztliches Attest bereits am ersten Krankheitstag vorlegen zu müssen.
Beteiligung des Personalrats
Die dabei erforderliche Mitbestimmung durch den Personalrat trage dazu bei, dass die Anordnung nicht „schikanös oder willkürlich“ gegenüber dem Arbeitnehmer erlassen wird, so das OVG. Denn schließlich stehe mit der Anordnung zur Vorlage des ärztlichen Attests am ersten Krankheitstag objektiv ein Missbrauchsvorwurf im Raum, sprich: Der Arbeitnehmer könnte ja blau machen. Mit der Beteiligung des Personalrats werde schikanöses oder willkürliches Verhalten aber unterbunden.
Die Bremer Richter verwiesen hier auch auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14. November 2012 (Az.: 5 AZR 886/11; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Das BAG hatte darin entschieden, dass Arbeitgeber von einzelnen Beschäftigten vom ersten Krankheitstag an ein Attest verlangen können. Begründen müsse dies der Chef nicht.
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