FAMILIENRECHT
Nach Leihmutterauftrag können Wunscheltern rechtliche Eltern sein
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Karlsruhe (jur). Beauftragen Wunscheltern eine Leihmutter im Ausland zum Austragen von Zwillingen, müssen deutsche Behörden die von einem ausländischen Gericht zugesprochene rechtliche Elternschaft grundsätzlich anerkennen. Auch wenn die Leihmutter ihre Dienste nur wegen des Geldes anbietet und die Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, spricht dies insbesondere aus Kindeswohlgründen nicht gegen die rechtliche Elternschaft, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Montag, 8. Oktober 2018, in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss (Az.: XII ZB 224/17).
Im entschiedenen Rechtsstreit ging es um ein aus dem Raum Braunschweig stammendes Ehepaar mit unerfülltem Kinderwunsch. Um doch noch Eltern werden zu können, beauftragte das Paar eine Leihmutter aus dem US-Bundesstaat Colorado mit dem Austragen von Zwillingen. Die Eizellen stammten von einer anonymen Spenderin, der Samen vom Ehemann.
Vormundschaft wurde den Eltern zugesprochen
Die Leihmutter erhielt für ihre Dienste ein Grundentgelt von 23.000 US-Dollar sowie einen monatlichen Unterhalt von 3.000 US-Dollar während der Schwangerschaft. Sechs Wochen vor der Geburt der Zwillinge bestimmte ein US-Gericht, dass das Paar als rechtliche Eltern der Kinder gilt.
Seit Ende 2011 lebt die Familie in Deutschland. Das Amtsgericht hatte den Eltern die Vormundschaft zugesprochen, die rechtliche Elternschaft trotz der Entscheidung des US-Gerichts aber verweigert.
Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig entschied am 12. April 2017, dass die Eltern nicht als rechtliche Eltern anerkannt werden können (Az.: 1 UF 83/13; JurAgentur-Meldung vom 20. April 2017). Es sei nicht davon auszugehen, dass die Leihmutter freiwillig die Zwillinge ausgetragen habe. Denn sie sei für ihre Dienste ja bezahlt worden. Eine rechtliche Elternschaft könne zudem allein auf Abstammung und Adoption, nicht aber aufgrund eines Leihmuttervertrages begründet werden.
Rechtliche Elternschaft muss in Deutschland anerkannt werden
Kommerzielle Leihmutterschaft sei nach dem Embryonenschutzgesetz und dem Adoptionsvermittlungsgesetz nicht zulässig. Die bewusste Umgehung dieses Verbots stehe „der nachträglichen Anerkennung eines dem deutschen Recht entsprechenden Elternstatus’ grundsätzlich entgegen“, so das OLG. Grundlage dieses Verbots seien die Menschenwürde und das Kindeswohl. Der deutsche Gesetzgeber habe damit den Schutz der Leihmütter und der Kinder „über die Wünsche von Auftraggebern nach Elternschaft gestellt“.
Der BGH hob diese Entscheidung mit Beschluss vom 5. September 2018 auf. Die Entscheidung des US-Gerichts zur Anerkennung der rechtlichen Elternschaft müsse in Deutschland anerkannt werden.
Zwar könne die Menschenwürde der Leihmutter verletzt sein, wenn diese sich nicht freiwillig zum Austragen der Kinder bereiterklärt. Allein dass die Leihmutter aus Geldgründen ihre Dienste anbietet, lasse auf eine fehlende Freiwilligkeit aber nicht schließen, so der BGH.
Berücksichtigung der Grund- und Menschenrechte der Kinder
Neben den Rechten der Leihmutter sowie der Wunsch- oder Bestelleltern seien aber insbesondere auch die Grund- und Menschenrechte der aus der Leihmutterschaft hervorgegangenen Kinder zu berücksichtigen. Dies habe das OLG nicht ausreichend in Betracht gezogen.
Für die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft komme es entscheidend auf das Kindeswohl an. Hier wollte die Leihmutter weder die Elternstellung noch die damit verbundene Fürsorge und Erziehung für die Kinder einnehmen. Die Kinder könnten auch nichts dafür, dass sie mittels einer Leihmutter auf die Welt kamen. Ihr Schutz dürfe wegen der Leihmutterschaft nicht geringer ausfallen als der anderer Kinder. Die Zwillinge hätten ein Recht auf eine Eltern-Kind-Zuordnung, zumal damit auch Unterhalts- und Erbansprüche verbunden sind.
Die Entscheidung des US-Gerichts sei auch deshalb anzuerkennen, weil der Ehemann der genetische Vater der Kinder sei, so der BGH.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage