ARBEITSRECHT
Sonderkündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern bei Massenänderungskündigungen
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Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass der besondere Kündigungsschutz nach § 15 KSchG uneingeschränkt auch bei sog. Massenänderungskündigungen gilt. Auch wenn der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen allen oder der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebes kündigt und ihnen eine Weiterarbeit zu schlechteren Arbeitsbedingungen anbietet, rechtfertigt ein solcher Massentatbestand nicht ausnahmsweise eine ordentliche Kündigung gegenüber Betriebsratsmitgliedern und den anderen durch § 15 KSchG geschützten Amtsträgern. § 15 KSchG schließt abgesehen von den Sonderfällen der Betriebsstilllegung und der Stilllegung einer Betriebsabteilung (§ 15 Abs. 4 und 5 KSchG) eine ordentliche Kündigung gegenüber diesem Personenkreis völlig aus und lässt nur eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu. Letztere ist während der Amtszeit des Betreffenden nach § 103 BetrVG nur mit Zustimmung des Betriebsrats bzw. deren Ersetzung durch die Arbeitsgerichte zulässig. Diese im Interesse des (Betriebsrats-) Amts und der ungestörten Amtsführung geschaffene generelle Regelung lässt keine Einschränkung für sog. Massenänderungskündigungen zu. Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion liegen nicht vor.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Drucker beschäftigt. Er ist Ersatzmitglied des Betriebsrats und hat innerhalb des letzten Jahres vor der Kündigung an Betriebsratssitzungen teilgenommen. Mit Schreiben vom 28. Februar 2003 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine ordentliche Änderungskündigung zum 31. Mai 2003 aus. Das neue Vertragsangebot sah ua. eine Änderung der Arbeitszeit sowie den Wegfall verschiedener Zulagen und Sonderzahlungen vor. Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger wie allen anderen Mitarbeitern eine entsprechende einvernehmliche Vertragsänderung angeboten. Das Änderungsangebot nahmen 27 von 139 Mitarbeitern in der Produktion - darunter der Kläger - nicht an.
Mit der Klage hat sich der Kläger gegen die Änderungskündigung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei schon deswegen unwirksam, weil nach § 15 KSchG nur eine außerordentliche Kündigung habe ausgesprochen werden können. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, bei Massenänderungskündigungen sei das Betriebsratsmitglied nicht durch § 15 KSchG geschützt, weil bei generellen Maßnahmen des Arbeitgebers gegenüber allen Arbeitnehmern keine besondere Schutzbedürftigkeit der Betriebsratsmitglieder bestehe.
Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Oktober 2004 - 2 AZR 81/04 -
Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. Dezember 2003 - 8 Sa 930/03 -