ZIVILRECHT
Statt „in einem schönen Küstenort“ eine Nacht im Bus
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München (jur). Bei Busreisen müssen Veranstalter deutlich auf nächtliche Reisezeiten hinweisen. Auch kann ein Zustieg 20 Kilometer vom Wohnort entfernt und nachts um 23.45 Uhr unzumutbar sein, wie das Amtsgericht München in einem am Freitag, 8. Juni 2018, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 262 C 2407/18).
Danach muss ein Münchner Reiseveranstalter einem Ehepaares aus Wetzlar den vollen Preis einer Busreise an die Côte d'Azur von 1.394 Euro erstatten. Im Prospekt hatte der Veranstalter angegeben, die Reisenden würden „in der Nähe ihres Wohnorts“ abgeholt.
Ehepaar verlangte den vollen Reisepreis zurück
Drei Wochen vor der für Oktober 2016 geplanten achttägigen Reise schickte der Veranstalter die notwendigen Dokumente und gab weitere Informationen. Danach sollte das Ehepaar um 23.45 Uhr an einer Tankstelle in Gießen zusteigen, 20 Kilometer von der Wohnung des Ehepaars entfernt.
Damit war das Ehepaar nicht einverstanden. Es kündigte den Vertrag und verlangte den vollen Reisepreis zurück. Der Veranstalter erstattete jedoch nur zehn Prozent.
Das Amtsgericht München gab dem Ehepaar nun recht. Es sei schon fraglich, ob der Reisevertrag ohne eine Vereinbarung über den Abfahrtsort überhaupt wirksam sei.
Auf Fahrzeiten in der Nacht muss deutlich hingewiesen werden
So oder so habe das Ehepaar hier die konkreten Umstände nicht hinnehmen müssen. 20 Kilometer seien nicht mehr „in der Nähe“. Auch sei es für das Ehepaar unzumutbar gewesen, das eigene Auto eine Woche lang an der Tankstelle stehen zu lassen und dort nachts alleine auf den Bus zu warten. Die Abreisezeit um 23.45 Uhr liege außerhalb des Ermessensspielraums des Veranstalters, betonte das Amtsgericht.
Zudem müsse der Veranstalter einer Busreise auf Fahrzeiten in der Nacht deutlich, und nicht nur im Kleingedruckten, hinweisen. Den Reisenden müsse klar sein, dass sie so zwar Übernachtungskosten sparen, ihnen aber der Genuss der Landschaft während der Reise entgeht.
„In einem schönen Küstenort nahe San Remo verbringen wir die ersten vier Nächte“, habe es im Prospekt geheißen. Tatsächlich hätten die Reisenden die erste Nacht aber im Bus verbringen müssen, rügte das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 6. Juni 2018.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage