ARZTRECHT
Tödliche Bauchdeckenplastik-Operation - 5000€ Schmerzensgeld
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LG München I, Urteil vom 30.06.04, Az.: 9 O 22186/03
Die 22-jährige Tochter der Kläger litt unter starkem Übergewicht, insbesondere in Form massiver Fettschürzen im Bauchbereich. Auf ihren Wunsch sprach sie im Anschluss an eine gynäkologische Untersuchung mit ihrem Frauenarzt, dem Beklagten, über die Möglichkeit einer Korrektur der Bauchdecke durch eine Bauchdeckenplastik-Operation. Dabei erläuterte der Beklagte u.a. die Vorgehensweise bei einer solchen Operation sowie den Umfang und mögliche Risiken und empfahl, eine Kostenzusage der Krankenkasse einzuholen. Nachdem diese erteilt war, suchte die Patientin ein halbes Jahr später erneut die Praxis des Beklagten auf. Im Anschluss an das Beratungsgespräch unterzeichnete sie einen Einwilligungsbogen für die geplante Operation, die wenige Tage später stattfinden sollte.
Am Vorabend der Operation wurde sie von der Anästhesistin über das erhöhte Thromboserisiko aufgeklärt, resultierend daraus, dass sie täglich 10 Zigaretten rauchte und seit ihrem 14. Lebensjahr die Pille nahm. Der Beklagte führte am darauffolgenden Morgen die Operation durch. Gegen 18.00 Uhr kam es bei der Patientin aufgrund einer postoperativen Lungen- oder Fettembolie zu einem kompletten Kreislaufversagen. Die sofort eingeleiteten Reanimationsmaß-nahmen konnten die Patientin nicht mehr retten, sie verstarb noch in der Nacht.
Die für Arzthaftungssachen zuständige 9. Zivilkammer des Landgerichts München I verurteilte den Beklagten, an die Eltern der Verstorbenen ein Schmerzensgeld von 5.000,- € sowie die Beerdigungskosten zu bezahlen, weil eine inhaltlich ausreichende Aufklärung über die Risiken der Operation, wenn überhaupt, zu spät erfolgt war. Über das durch Übergewicht, Nikotinkonsum und Einnahme der Pille erhöhte Risiko einer Thrombose/Fettembolie mit möglicherweise tödlichem Ausgang hätte in aller Deutlichkeit aufgeklärt werden müssen, vor allem bei einer kosmetischen Operation ohne medizinische Dringlichkeit. Die Patientin hätte dann rechtzeitig vor der Operation mit dem Rauchen und der Einnahme der Pille aufhören und das Risiko verringern können. Die erstmalige Aufklärung über das gravierende Thromboserisiko am Vorabend der Operation war verspätet, da ein bereits stationär aufgenommener Patient in der Regel damit überfordert ist, das Für und Wider der Operation abzuwägen.