ARBEITSRECHT
Überstunden müssen genau dargelegt werden
Autor: Dr. Elke Scheibeler - Rechtsanwältin
Wer die Vergütung von Überstunden einklagen möchte, unterliegt hohen prozessualen Anforderungen - Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.04.2013, 5 AZR 122/12
Wer wochen- und monatelang Überstunden geleistet hat und diese dann vor Gericht einklagen möchte, hat oft Probleme. Denn die Arbeitsgerichte stellen hohe Anforderungen an den Vortrag, den der Arbeitnehmer in einem solchen Prozess zu leisten hat. Kann dieser vom Arbeitnehmer nicht geleistet werden, geht dieser leer aus. Dies passierte dem Arbeitnehmer in dem Prozess, der mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.04.20103, 5 AZR 122/12, endete.
Der Fall mit den Überstunden
Der Kläger war als betriebseigener Handwerker bei einem Unternehmen eingestellt und im Jahr 2010 mit dem Innenausbau eines Gebäudes und Außenarbeiten, insbesondere Pflaster- und Gartenbauarbeiten beschäftigt. Seine Arbeitszeit betrug 167 Stunden pro Monat zu einem Bruttogehalt von EUR 2.100,00. Nach einer Eigenkündigung zu Beginn des Jahres 2011 verlangte er die Vergütung für im Jahr 2010 angefallene 498 Überstunden, was einer Gehaltsnachzahlung von fast EUR 6.000,00 gleichkam. Dies letztendlich vergeblich.
Gründe für die Abweisung der Klage
Der Arbeitnehmer musste zunächst nachweisen, dass er mehr gearbeitet hat als vertraglich geschuldet. Dies war ihm letzlich in der Berufungsinstanz gelungen, in der er zu jedem einzelnen Arbeitstag Arbeitsbeginn und -ende dargelegt hatte. Nicht erforderlich war es jedoch nach der Ansicht des Bundesarbeitsgericht, dass er für jeden einzelnen Tag noch konkret darlegt, welche Arbeiten er genau in den Überstunden verrichtet hat.
Nicht ausreichend dargelegt hatte der Arbeitnehmer jedoch, dass diese Überstunden vom Arbeitgeber veranlasst worden waren. Hierzu muss er darlegen, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet hat oder aber, dass die Überstunden zur Erledigung der Arbeiten notwendig waren. Die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast trifft nach allgemeinen Grundsätzen den Arbeitnehmer, der den Anspruch auf die Vergütung der Überstunden geltend macht.
Der Arbeitnehmer musste also entweder für jeden einzelnen Tag vortragen, dass der Vorgesetzte die Überstunden angeordnet, also ihn angewiesen hat, länger zu arbeiten. Dies ist nicht nur ausdrücklich möglich, etwa wenn der Chef mitteilt, der Arbeitnehmer dürfe nicht vor einer bestimmten Uhrzeit oder Erledigung einer bestimmten Aufgabe Feierabend machen. Eine solche Anweisung ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch schlüssig denkbar. Dann muss der Arbeitnehmer vortragen, dass ihm für einen bestimmten Zeitraum Arbeit in einem Umfang zugewiesen worden ist, der in der Normalarbeitszeit nicht zu schaffen war. Bloß dass der Arbeitnehmer länger gearbeitet hat, bedeutet nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht, dass die Überstunden tatsächlich erforderlich waren.
Gelingt dem Arbeitnehmer dies nicht, kann er noch vortragen, dass der Arbeitgeber die Überstunden gebilligt, also nachträglich genehmigt hat. Dies kann geschehen, indem der Vorgesetzte Arbeitszettel abzeichnet, nicht aber in der kommentarlosen Entgegennahme wie im Fall des Bundesarbeitsgerichts.
Alternativ kann der Arbeitnehmer vortragen, dass der Arbeitgeber die Überstunden geduldet hat. Dies ist dann der Fall, wenn er das Ableisten der Überstunden wahrgenommen hat und dagegen nicht eingeschritten ist. Der Arbeitnehmer müsste also wenigstens vortragen, wann und wie der Vorgesetzte von den Überstunden erfahren und dass er gleichwohl nicht die Arbeit so umverteilt hat, dass keine Überstunden mehr anfallen.
Dies war dem Arbeitnehmer im entschiedenen Fall alles nicht gelungen, so dass seine Klage letzten Endes abgewiesen wurde.
Wer Überstunden ableistet und mit dem Gedanken spielt, diese ggf. nachträglich einzuklagen, sollte nicht nur die genauen Zeiten aufschreiben, sondern auch, wer die Überstunden angeordnet bzw. jedenfalls von ihnen Kenntnis erlangt hat.
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