ZWANGSVOLLSTRECKUNGSRECHT
Vollstreckung aus deutschen Urteilen und anderen Vollstreckungstiteln in Spanien
Autor: Löber & Steinmetz - Kanzlei
Vollstreckung aus deutschen Urteilen und anderen Vollstreckungstiteln in Spanien
Nicht selten hat der Schuldner sich nach Spanien "abgesetzt" oder verfügt dort möglicherweise über Vermögenswerte, weshalb der Gläubiger an der Vollstreckung seines Anspruchs in Spanien interessiert ist. Ist ein Vollstreckungstitel in Spanien vollstreckbar, so sind die spanische Gerichte sogar verpflichtet, dem Gläubiger bei der Recherche nach Schuldnervermögen behilflich zu sein. Dies stellt für den Gläubiger eine erhebliche Erleichterung dar.
Liegt der „Vollstreckungstitel" - z.B. das Urteil - vor, regelt regelmäßig die EuGVVO (EG-VO 44/2001) die Formalitäten der Anerkennung der deutschen Entscheidung in Spanien. Werden die vorgesehenen Formalien eingehalten, greift Art. 38 Abs. 1 EuGVVO ein, der den Weg des Gläubigers zur Zwangsvollstreckung über die Pyrenäen ebnet. Dies hört sich im Gesetzesdeutsch wie folgt an:
„Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, werden in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind."
Ein in Deutschland ergangenes Urteil wird also in der Regel auch in Spanien anerkannt und gegen den Schuldner vollstreckt. Das spanische Gericht ist insbesondere daran gehindert, das deutsche Urteil inhaltlich zu überprüfen.
Die praktische Vorgehensweise:
Zunächst einmal benötigt der Gläubiger einen „Vollstreckungstitel." Hierbei muss es sich nicht unbedingt um ein Urteil handeln; auch ein (deutscher) Vollstreckungsbescheid, der im Wege des gerichtlichen Mahnverfahrens gegen den Schuldner erwirkt werden kann, hilft dem Gläubiger insoweit weiter. Bei der gerichtlichen Geltendmachung seiner Rechte sollte der Gläubiger anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen, um ein unangenehmes Erwachen zu vermeiden:
(1.1) Es muss geklärt werden, welches Gericht zuständig ist. Das europäische Recht kennt bestimmte Sachgebiete, in denen ausschließlich die Gerichte eines bestimmten Mitgliedsstaates zuständig sind. Erhebt der Gläubiger also die Klage vor dem falschen Gericht, so riskiert er, den Prozess allein aus diesem Grunde zu verlieren. Selbst wenn er Recht bekommt, kann sich das erlangte Urteil anschließend als wertlos erweisen, weil es wegen Verstoßes gegen die europäischen Zuständigkeitsvorschriften nicht anerkennungsfähig ist.
(1.2) Ebenso ist zu beachten, dass bestimmte Sachgebiete (z.B. das Erbrecht) von vornherein aus dem Geltungsbereich der EuGVVO ausgeklammert sind.
(2) Hat der Gläubiger den Vollstreckungstitel erwirkt, muss er zur Umsetzung der deutschen Entscheidung in Spanien eine Bescheinigung nach dem dafür vorgesehenen europäisierten Musterformular beantragen.
(3) Von der betreffenden Bescheinigung sollte - ebenso wie von der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils/Vollstreckungsbescheids - eine beglaubigte Übersetzung in die spanische Sprache angefertigt werden. Die EuGVVO erklärt die Einholung einer Apostille für die genannten Dokumente ausdrücklich für verzichtbar.
(4) Beim Juzgado de Primera Instancia, dem spanischen Gericht am spanischen Wohnsitz des Schuldners oder an dem Ort in Spanien, an dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, ist die Vollstreckbarerklärung der (deutschen) Gerichtsentscheidung gegen den Schuldner zu beantragen. Noch ungeklärt ist, ob die Ausschlussfrist nach Art. 518 der spanischen Zivilprozessordnung auch auf ausländische, z.B. deutsche Gerichtsentscheidungen und gerichtliche Vergleiche anwendbar ist (vgl. auch den Aufsatz der Autoren in NJOZ 2008, 4874 und in RIW 2009, S. 301 ff.). Die Frist, deren Lauf mit der Rechtskraft des Urteils beginnt, beträgt fünf Jahre und schließt eine Zwangsvollstreckung in Spanien nach Ablauf der Frist aus. Dem Gläubiger ist im Hinblick auf die bestehenden Unsicherheiten bezüglich der Anwendbarkeit der Vollstreckungsfrist auf deutsche Vollstreckungstitel dringend anzuraten, sich deshalb frühzeitig um die Vollstreckung seines Titels in Spanien zu kümmern.
Unbestrittene Forderungen
Bei unbestrittenen Forderungen ist die EG ist inzwischen aber sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Die EuVTVO (Verordnung betreffend den Europäischen Vollstreckungstitel) lässt nun sogar die Notwendigkeit einer gesonderten Vollstreckbarerklärung in dem Mitgliedstaat, in dem vollstreckt werden soll, entfallen. Hierdurch wird der Weg des Gläubigers zu seinem Geld zusätzlich verkürzt, da z.B. die Anrufung eines spanischen Gerichts zum Zwecke der Vollstreckbarerklärung unterbleiben kann. Der Anwendungsbereich der EuVTVO ist allerdings auf unbestrittene Zahlungsforderungen beschränkt, weshalb grundsätzlich nur vor Gericht geschlossene Vergleiche, Anerkenntnis- und Versäumnisurteile von diesen Erleichterungen profitieren. Besondere Bedeutung erlangt die EuVTVO aber auch für vollstreckbare notarielle Urkunden.
Zum Abschluss werden Leser, die sich vertieft mit der Vollstreckung deutscher Vollsteckungstitel in Spanien auseinandersetzen möchten, auf den in NJOZ 2008, 4874 veröffentlichten Aufsatz „Anerkennung deutscher Titel in Spanien" der Autoren hingewiesen.
Gern prüfen wir für unsere Mandanten die aus dem spanischen Handelsregister und dem spanischen Grundbuch ersichtliche Situation, um die grundsätzlichen Erfolgsaussichten einer Zwangsvollstreckung in Spanien zu prüfen.
Dr. Burckhardt Löber, Rechtsanwalt & Abogado
Dr. Alexander Steinmetz, Mag.iur., Rechtsanwalt