ARBEITSRECHT
Vorstrafen und Anstellung
Autor: Dr. Elke Scheibeler - Rechtsanwältin
Im Bundeszentralregister getilgte Vorstrafen und eingestellte Strafverfahren müssen im Rahmen der Einstellung auch bei Nachfrage des Arbeitgebers in der Regel nicht genannt werden - Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2014, 2 AZR 1071/12
Der Fall mit den Vorstrafen
Der Bewerber für einen Arbeitsplatz im Justizvollzugsdienst war zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden, danach waren noch sechs weitere strafrechtliche Ermittlungsverfahren - teilweise aufgrund von Selbstanzeige und im Rahmen von häuslicher Gewalt - gegen ihn anhängig, die sämtlich eingestellt wurden, teilweise auch wegen geringer Schuld. Anlässlich seiner Bewerbung war die Jugendstrafe jedoch bereits im Bundeszentralregister getilgt, die Ermittlungsverfahren eingestellt. Fragen nach Vorstrafen oder gerichtlichen Bestrafungen im Rahmen der Einstellung verneinte er. Nach seiner Einstellung erfuhr die Arbeitgeberin von den Vorstrafen und strafrechtlichen Ermittlungen und erklärte sowohl die Kündigung als auch die Anfechtung des Arbeitsvertrags - letztlich ohne Erfolg.
Die Entscheidung zu den Vorstrafen
Soweit es der Arbeitsplatz erfordert, darf ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts anlässlich der Einstellung nach Vorstrafen oder auch laufenden Ermittlungsverfahren fragen. Verschweigt der Arbeitnehmer frühere Straftaten, die er offenbaren musste, kann eine arglistige Täuschung vorliegen, den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrags oder auch zur Kündigung berechtigen. Eine solche Offenbarungspflicht besteht aber nicht, wenn der Arbeitnehmer sich gemäß § 53 BZRG als unbestraft bezeichnen darf, weil die Verurteilung nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen oder zu tilgen ist. Ferner sind Einschränkungen des Fragerechts aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Bewerbers denkbar.
Auch vor dem Hintergrund, dass der potentielle Arbeitgeber das Land war, konnte das Bundesarbeitsgericht keine besondere Offenbarungspflicht geschweige denn ein Fragerecht nach bereits getilgten oder tilgungsreifen Vorstrafen oder eingestellten Ermittlungsverfahren erkennen. Daher lag weder eine Täuschung noch ein Irrtum über Eigenschaften des Arbeitnehmers vor, so dass das beklagte Land nicht zur Anfechtung berechtigt war. Auch die Kündigung, die lediglich auf die eingestellten Ermittlungsverfahren gestützt wurde, war nicht gerechtfertigt, da die Umstände der Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau ungeklärt waren, so dass unklar, ob es sich um Geschehnisse handelte, die die Eignung des Arbeitnehmers für seine Tätigkeit in Frage stellten. Zudem war dem Personalrat als Kündigungsgrund nur mitgeteilt worden, dass der Arbeitnehmer anlässlich der Einstellung falsche Angaben gemacht hatte.
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