WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT
Wohnungseigentümergemeinschaft kann mehrheitlich Darlehensaufnahme entscheiden
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Karlsruhe (jur). Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann unter bestimmten Voraussetzungen mehrheitlich die Aufnahme eines hohen Kredits zur Durchführung einer Haussanierung beschließen. Ob solch ein Mehrheitsbeschluss im Einzelfall zulässig ist, hängt von der Dringlichkeit der Sanierungsmaßnahme, den Darlehensbedingungen oder auch der Möglichkeit der Erhebung einer Sonderumlage als Alternative zum Darlehen ab, urteilte am Freitag, 25. September 2015, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (Az.: V ZR 244/14). Zudem muss das Problem von Zahlungsausfällen einzelner Eigentümer erörtert worden sein.
Im konkreten Fall hat der BGH den Mehrheitsbeschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) aus dem Raum Pforzheim für die Aufnahme eines Kredits allerdings gekippt. Die WEG, die aus 201 Wohneinheiten besteht, hatte im August 2013 beschlossen, dass die Hausfassade mit einer förderfähigen Wärmedämmung saniert werden soll.
Um die Kosten in Höhe von über zwei Millionen Euro schultern zu können, sollte ein Förderkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgenommen werden, insgesamt 1.320.000 Euro. Der Zinssatz belief sich auf null Prozent, die Laufzeit betrug zehn Jahre. Der Rest sollte aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden.
Eine Wohnungseigentümerin wehrte sich jedoch gegen den Mehrheitsbeschluss zur Kreditaufnahme. Eine WEG dürfe nicht einfach die Aufnahme solch eines hohen Darlehens bestimmen.
Der BGH urteilte, dass das Wohnungseigentumsgesetz eine Kreditaufnahme grundsätzlich nicht ausschließt. Letztlich hänge es immer vom Einzelfall ab. Bei einem hohen und langfristigen Kredit sei aber wegen des besonderen Haftungsrisikos Zurückhaltung geboten. So könne es Zahlungsausfälle einzelner Wohnungseigentümer geben, für die dann andere einspringen müssten.
Je dringlicher eine beabsichtigte Sanierungsmaßnahme sei, desto eher könne die Aufnahme eines Darlehens begründet sein. Geprüft werden müsse dabei aber auch, inwieweit eine Instandhaltungsrücklage verwendet oder eine Sonderumlage erhoben werden könne. Eine Darlehensfinanzierung komme in Betracht, wenn mit der Erhebung einer Sonderumlage einzelne Wohnungseigentümer finanziell überfordert beziehungsweise gar die Leistungsfähigkeit einkommensschwächerer Wohnungseigentümer überschritten werde.
Der Beschluss der Wohnungseigentümer müsse Angaben über die Laufzeit und Höhe des Darlehens und auch die Höhe des Zinssatzes enthalten. Auch müsse darauf hingewiesen werden, dass bei einer Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer andere eine Nachschusspflicht haben. Im vorliegenden Fall sei dieses Problem in der Eigentümerversammlung gar nicht erörtert worden. Der Beschluss entspricht daher nicht der gesetzlichen Forderung einer „ordnungsgemäßen Verwaltung“ und ist daher unwirksam, urteilte der BGH.
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