FAMILIENRECHT
An Alleinerziehende gehen nicht automatisch Erziehungsfreibeträge
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München (jur). Alleinerziehende können nicht automatisch den doppelten Erziehungsfreibetrag für sich beanspruchen. Übernimmt der andere Elternteil regelmäßig und insgesamt mindestens zehn Prozent der Betreuung des Kindes, kann er dem widersprechen und einen Freibetrag für sich beanspruchen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Mittwoch, 7. März 2018, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: III R 2/16). Danach reicht etwa eine Betreuung an jedem zweiten Wochenende bereits aus.
Neben dem Kinderfreibetrag beziehungsweise dem Kindergeld erhalten Eltern seit 2002 auch eine „Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung“. Er beträgt derzeit 1.320 Euro je Elternteil und Jahr. Für ein minderjähriges Kind können Alleinerziehende, bei denen das Kind gemeldet ist, die Übertragung des Freibetrags des anderen Elternteils auf sich beantragen. Dem kann der andere Elternteil aber widersprechen, wenn er „Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut“.
Klägerin ist eine Alleinerziehende Mutter aus Rheinland-Pfalz mit zwei Minderjährigen Kindern. Für das Streitjahr 2013 hatte sie die Übertragung des väterlichen Erziehungsfreibetrags auf sich beantragt. Das Finanzamt kam dem zunächst nach. Als es erfuhr, dass der Vater der Übertragung widersprochen hatte, nahm es dies zurück und schickte der Mutter einen neuen Steuerbescheid mit nunmehr höheren Abgaben.
Zulässigkeit des Widerspruchs
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Der Widerspruch des Vaters sei zulässig und wirksam gewesen, urteilte der BFH. Denn er habe seine Söhne regelmäßig und in nicht unwesentlichem Umfang betreut.
Konkret legte der BFH hierzu fest, dass dies durch einen regelmäßigen, am besten im Vorhinein festgelegten Betreuungsrhythmus erfüllt wird. Näheres hänge vom Einzelfall ab, etwa von der Entfernung zwischen den elterlichen Wohnungen.
„Aus Gründen der Vereinfachung hat der Senat dabei grundsätzlich keine Bedenken, bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich zehn Prozent im Regelfall das Merkmal einer Betreuung in einem ‚nicht unwesentlichen Umfang’ als erfüllt anzusehen“, heißt es weiter in dem Münchener Leitsatzurteil. Auf weitere Indizien komme es dann nicht mehr an. Die in der Literatur vertretene Ansicht, die Mindest-Betreuung sei erst ab zwei Tagen pro Woche oder ab 25 Prozent erfüllt, wies der BFH als überzogen zurück.
Keine Anrechnung des Erziehungsfreibetrags
Hier hätten die Eltern Vereinbart, dass die Kinder an jedem zweiten Wochenende von Freitagabend bis Sonntagabend beim Vater sind. Dies sei unstreitig auch so praktiziert worden. Es sei auch eine regelmäßige Betreuung, die vom Umfang her deutlich über der Zehn-Prozent-Schwelle liege. Zu Recht habe daher das Finanzamt den väterlichen Freibetrag beim Vater belassen. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestünden nicht.
Abschließend stellte der BFH klar, dass das Gesetz für den Widerspruch des Elternteils, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, keine besondere Form vorschreibt. Hier hatte der Vater Einspruch gegen seinen Steuerbescheid erhoben, als er merkte, dass ihm der Erziehungsfreibetrag nicht mehr angerechnet worden ist. Nach dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 8. November 2017 reicht dies aus.
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