ARBEITSRECHT
Arbeitsrecht: Stellenausschreibung für „Young Professionals“ ist Altersdiskriminierung
Autor: Christoph Häntzschel - Rechtsanwalt
36-jähriger Jurist mit Berufserfahrung verlangt Entschädigung, weil er nicht in das Bewerberauswahlverfahren einbezogen wurde
Urteil des ArbG Berlin vom 20.05.2010 (59 Ca 19262/09)
Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 14.01.2011 (9 Sa 1771/10)
Urteil des BAG vom 24.01.2013 (8 AZR 429/11)
§§ 3, 6, 7, 10, 15, 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG); § 1 Abs.3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Stellenausschreibung für Trainee-Programm an Young Professionals
Ein öffentlicher Arbeitgeber veröffentlichte in Zeitungen Stellenanzeigen für ein Trainee-Programm für Hochschulabsolventen/Young Professionals.
Auf diese Stelle bewarb sich auch ein 36-jähriger Volljurist mit mehrjähriger Berufserfahrung und erhielt eine Absage. Er sah sich aufgrund seines Alters diskriminiert und verlangte Entschädigung von dem Arbeitgeber. Dieser hingegen bestritt eine Diskriminierung mit dem Hinweis, dass das Auswahlverfahren auf den Examensnoten basierte und er die Absage erhielt, weil seine Qualifikationen hinter den anderen Bewerbern zurückblieben.
Deshalb klagte der Jurist nun auf eine Entschädigung wegen einer Altersdiskriminierung vor dem Arbeitsgericht.
Die Klage wurde zunächst abgewiesen. Die Gerichte verwiesen darauf, dass eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters zulässig ist, wenn es ein legitimes Ziel gäbe. Das Trainee-Programm sei eine Investition in die Zukunft des Unternehmens und aus diesem Grund sei die unterschiedliche Behandlung hier ausnahmsweise möglich. Damit war der Jurist nicht einverstanden. Er war weiterhin der Auffassung, dass er die Absage aufgrund seines Alters bekommen hatte. Deshalb legte er Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ein.
BAG hebt Entscheidungen auf
Die Richter des Bundesarbeitsgerichts gaben der Revision teilweise statt und verwiesen die Klage an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zurück. Sie forderten das Gericht zur Prüfung auf, ob sich der Arbeitgeber wirklich nur an den Noten orientiert hat.
Im Streitfall lägen Indizien vor, dass der Jurist aufgrund seines Alters diskriminiert worden ist. Das Revisionsgericht wies darauf hin, dass der Arbeitgeber durch die Stellenausschreibung mit dem Hinweis auf „Young Professionals“ zum Ausdruck gebracht hat, dass es ihm darum ging, junge Menschen einzustellen. Er hätte damit direkt auf das Alter und nicht etwa auf Menschen mit wenig Berufserfahrung abgestellt. Diese Ungleichbehandlung sei nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz unzulässig.
Auch müsse der Bewerber nicht beweisen, dass er tatsächlich aufgrund seines Alters diskriminiert wurde. Vielmehr reiche aus, dass er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung vermuten lassen. Er wies auf die Formulierung der Stellenausschreibung hin. Die vorbrachten Argumente wurden von dem Arbeitgeber nicht widerlegt. Deshalb sahen die Richter zumindest die Möglichkeit einer Diskriminierung des Mannes als gegeben an.
Allerdings wäre der Arbeitgeber nach Ansicht des Gerichts berechtigt, die Mitbewerber nach Examensnoten auszuwählen. Wenn der Jurist also tatsächlich schlechtere Examensnoten als seine Mitbewerber hat und der Arbeitgeber auch nur diese berücksichtigt hat, so wäre keine Altersdiskriminierung gegeben.
Aus diesen Gründen verwies das Revisionsgericht die Klage an das Landesarbeitsgericht zurück. Dieses wird sich nun damit auseinandersetzen, ob der Arbeitgeber die Auswahl der Bewerber auf die Qualifikation bezogen hat.
Zusammenfassung und Ausblick
Häufig suchen Unternehmen junge Hochschulabsolventen, um sie in ihrem Karriereweg zu unterstützen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Dies kann für beide Seiten eine gute Möglichkeit sein. Der Hochschulabsolvent sammelt Berufserfahrung und die Unternehmen haben die Möglichkeit ihre Nachwuchskräfte weiterzuentwickeln und in die Unternehmensphilosophie einzuführen.
Jedoch müssen Arbeitgeber bei ihren Stellenausschreibungen vorsichtig sein, denn Bewerber dürfen nicht allein aufgrund ihres Alters abgelehnt werden. Das wäre eine unzulässige Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dies gilt jedoch nicht, sofern ein Rechtfertigungsgrund für die altersspezifische Auswahl vorliegt. Das kann beispielsweise bei besonderen Arbeitsbedingungen oder Ausbildungsanforderungen der Fall sein, was der Arbeitgeber darlegen muss.
Als Arbeitnehmer kann man eine Entschädigung fordern, wenn Indizien darauf hinweisen, dass man aufgrund des Alters einen Arbeitsplatz nicht bekommen hat. Man muss es nicht hinnehmen, nur aufgrund seines Alters abgelehnt zu werden.
Das Bundesarbeitsgericht sah in diesem Fall Indizien für eine Altersdiskriminierung, weil ausschließlich Young Professionals in der Stellenausschreibung angesprochen waren. Einen Hinweis darauf, dass auch sonstige Berufsanfänger berücksichtig werden, gab es nicht.
Das Landesarbeitsgericht wird sich nun damit auseinandersetzen, ob der Arbeitgeber den Juristen nur aufgrund des Alters nicht in das Auswahlverfahren mit einbezogen wurde oder ob seine Qualifikationen nicht ausreichend waren. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bleibt anzuwarten.
Stichworte: Arbeitsrecht, Altersdiskriminierung, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Bewerbung, AGG, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Stellenausschreibung, Entschädigung