HANDELSRECHT
Berechtigte außerordentliche Kündigung eines Handelsvertreters bei Abwerbeversuch
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Informationen zum Sachverhalt:
Der Kläger hatte von der beklagten Firma, bei der er jahrelang als Handelsvertreter tätig war, die Zahlung eines Ausgleichs nach erfolgter Kündigung seines Handelsvertretervertrages gefordert. Die Beklagte beschäftigt sich im wesentlichen mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen, aber auch mit der Vermittlung von Kapitalanlagen und Immobilien. Der Kläger war für die Beklagte seit Herbst 1995 als Handelsvertreter tätig. Nach zwei Jahren Tätigkeit des Klägers für die Beklagte kündigte diese ihm das Handelsvertretervertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung; begründet wurde diese außerordentliche Kündigung damit, daß der Kläger versucht habe, Mit-arbeiter der Beklagten dazu zu bewegen, ihre Vermittlungstätigkeit für die Beklagte vertragswidrig einzustellen und für ihn, über ihn oder für seinen Bruder, der ebenfalls im Immobilienvermittlungsgeschäft tätig war, Geschäfte zu vermitteln. Insgesamt hat-te der Kläger vier Mitarbeiter der Beklagten in einem Zeitraum von vier Monaten ver-sucht abzuwerben.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg:
Die von der Beklagten ausgesprochene außerordentliche Kündigung ist wirksam. Eine Abmahnung war ausnahmsweise entbehrlich, weil das Fehlverhalten des Klägers die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert hatte, daß sie auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wiederhergestellt werden konnte. Die Abwerbeversuche des Klägers gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten ordnet
der zuständige 4. Zivilsenat als gravierende Vertragsverletzungen ein, so daß eine Wiederherstellung der Vertrauensgrundlage nach Auffassung des Senats schlichtweg ausgeschlossen erschien.
War somit die außerordentliche Kündigung des Handelsvertreters wirksam, so ist der dem Handelsvertreter grundsätzlich zustehende Ausgleichsanspruch gegen seinen Geschäftsherrn bei Beendigung der Vertretertätigkeit ausgeschlossen, § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB.
§ 89 b HGB lautet (Ausgleichsanspruch)
I. Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit
1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat,
2. der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Provision verliert, die er bei Fortsetzung desselben aus bereits abgeschlossenen oder künftig zustande kommenden Geschäften mit den von ihm geworbenen Kunden hätte und
3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht.
II. Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.
III. Der Anspruch besteht nicht, wenn
1. der Handelsverteter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers dazu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2. der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündi-gung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3. auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Han-delsvertreter ein Dritter an Stelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.
Entscheidung des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 21. Okto-ber 2002
4 U 284/01 OLG Bamberg; Vorinstanz 1 HKO 751/99 LG Würzburg