SCHUL- UND HOCHSCHULRECHT
„Burkini“ für muslimische Schülerinnen weiter zumutbar
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Karlsruhe (jur). Wollen muslimische Schülerinnen wegen religiöser Bekleidungsvorschriften nicht am Schwimmunterricht teilnehmen, können sie weiterhin auf das Tragen eines islamischen Ganzkörperbadeanzugs verwiesen werden. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wies in einem am Mittwoch, 7. Dezember 2016, veröffentlichten Beschluss damit eine Verfassungsbeschwerde einer muslimischen Schülerin zurück, die sich vom Schwimmunterricht befreien lassen wollte (Az.: 1 BvR 3237/13).
Die muslimische Schülerin, die ein Gymnasium in Frankfurt am Main besucht, hatte bereits im 5. Schuljahr die Teilnahme am gemeinsamen Schwimmen mit Jungen und Mädchen verweigert und dafür ein „ungenügend“ erhalten. Die aus Marokko stammenden Eltern hatten beim Schulleiter zuvor erfolglos „im Namen der gesamten Familie“ die Befreiung vom Schwimmunterricht beantragt.
Zwar würden zehn Mädchen an ihrer Schule einen islamischen Ganzkörperbadeanzug, den Burkini, beim Schwimmen tragen, so die Schülerin. Ihr Religionsverständnis verbiete es aber nicht nur, sich vor anderen mit nackter Haut zu zeigen, sondern auch, Jungen in Badehosen und mit nacktem Oberkörper ansehen zu müssen.
Außerdem könne es im Schwimmunterricht zu unbeabsichtigten Berührungen kommen. Sie wolle ja gerne schwimmen, dann aber nur, wenn alle Mädchen einen Badeanzug und keinen Bikini tragen. Ihren Antrag auf Befreiung vom Unterricht begründete sie mit ihrer Religionsfreiheit und dem Erziehungsrecht ihrer Eltern.
Das zuständige Schulamt lehnte die Befreiung vom Schwimmunterricht ab.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel bestätigte am 28. September 2012 diese Entscheidung (Az.: 7 A 1590/12; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Muslimische Schülerinnen können auf den islamkonformen Ganzkörperbadeanzug verwiesen werden. Die im Grundgesetz geschützte Religionsfreiheit müsse daher teilweise gegenüber dem ebenfalls in der Verfassung verankerten staatlichen Erziehungsauftrag zurückstehen.
Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte das Mädchen keinen Erfolg. Gewisse Beeinträchtigungen müssten gläubige Schüler hinnehmen, weil sonst die allgemeine Schulpflicht unterlaufen würde, so die Leipziger Richter in ihrem Urteil vom 11. September 2013 (Az.: 6 C 25.12; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag).
Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wies das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. November 2016 nun als unzulässig zurück. Zum einen könne sich die Schülerin nicht auf das im Grundgesetz verankerte Erziehungsrecht der Eltern berufen. Dies stehe den Eltern zu, nicht ihr.
Zum anderen habe die Muslima die Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend begründet und sich nicht mit den Argumenten des Bundesverwaltungsgerichts und des VGH auseinandergesetzt.
So habe die Schülerin nicht erläutert, warum der Burkini nicht den islamischen Bekleidungsvorschriften genügen soll. Sie habe selbst vorgetragen, dass es keine verbindlichen Regeln im Islam gebe. Der VGH habe zudem festgestellt, dass der Burkini im nassen Zustand so eng an der Haut hafte, dass ein Abzeichnen der Körperkonturen nicht bestehe. Warum sie dennoch damit rechnen müsse, dass der Burkini verrutschen könne, sei nicht erläutert worden.
Die Schülerin nehme zudem am sonstigen Sportunterricht mit langärmeligem Hemd und langer Hose teil. Warum dies dagegen aus Glaubensgründen möglich ist, sei ebenfalls nicht vorgebracht worden, so das Bundesverfassungsgericht. Im regulären Sportunterricht sei es aber erst recht möglich, dass sie leicht bekleidete Jungen in kurzen Sporthosen sieht und es gerade im Mannschaftssport zu Körperkontakt kommt.
Auf den Anblick von leicht bekleideten Männern und Jungen könne mit Wegschauen reagiert werden. Darauf sei die Beschwerdeführerin aber nicht eingegangen. Das Bundesverwaltungsgericht habe ausführlich in seinem Urteil begründet, warum die Glaubensfreiheit hinter dem schulischen Wirkungsauftrag zurücktreten muss. Auch damit habe sich die Schülerin nicht auseinandergesetzt, rügte die Karlsruher Richter.
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