LUFTVERKEHRSRECHT
BVerwG-Urteil: Keine Haftungsbeschränkung für Luftfahrtunternehmen
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BVerwG-Urteil: Keine Haftungsbeschränkung für Luftfahrtunternehmen © Symbolgrafik:© Blue Planet Studio - stock.adobe.com
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied unter dem Aktenzeichen 1 C 12.22, dass die Haftung eines Luftfahrtunternehmens für die Kosten, die durch den Aufenthalt und die Rückbeförderung eines Ausländers entstehen, nach § 66 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht durch einen internationalen Standard der ICAO beschränkt wird, sofern dieser nicht in deutsches Recht umgesetzt wurde.
Airline zahlt für Rückführung abgewiesenen Passagiers
Ein marokkanisches Luftfahrtunternehmen beförderte am 26. Dezember 2014 einen ivorischen Staatsangehörigen mit einem gefälschten Reisepass nach Frankfurt am Main. Der Asylantrag des Betroffenen wurde im Flughafenverfahren als offensichtlich unbegründet abgelehnt, woraufhin ihm die Bundespolizei die Einreise verwehrte. Das Unternehmen brachte den Ausländer daraufhin am 9. Januar 2015 aus Deutschland heraus.
Die Bundesrepublik forderte vom Unternehmen die Erstattung der entstandenen Kosten in Höhe von 814,89 €. Sowohl Widerspruch als auch Klage und Berufung gegen den Bescheid blieben erfolglos.
BVerwG: Airlines haften voll für Kosten der Rückführung
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen.
Ein Luftfahrtunternehmen, das einen Ausländer an die Grenze befördert, ist verpflichtet, diesen unverzüglich außer Landes zu bringen (§ 64 Abs. 1 AufenthG) und haftet neben dem Ausländer für die Rückbeförderungskosten sowie für Kosten, die bis zur Entscheidung über die Einreise entstehen (§ 66 Abs. 3 Satz 1 AufenthG).
Der im Anhang 9 zum Chicagoer Abkommen definierte ICAO-Standard, der unter Umständen eine Kostentragung durch den Staat vorsieht, ist nicht in deutsches Recht überführt worden und hat somit keinen Einfluss auf die innerstaatliche Rechtsordnung. Eine Haftungsbeschränkung lässt sich weder durch eine völkerrechtsfreundliche Auslegung noch durch Unionsrecht herleiten.
Tipp: Luftfahrtunternehmen sollten sich bewusst sein, dass sie für die Kosten der Rückbeförderung und die Kosten, die durch den Aufenthalt eines abgewiesenen Ausländers entstehen, vollumfänglich haften, selbst wenn internationale Standards etwas anderes vorsehen. Eine sorgfältige Überprüfung der Reisedokumente vor der Beförderung kann solche Kosten vermeiden helfen.