ERBRECHT
Der deutsche Testamentsvollstrecker und Spanienvermögen
Autor: Löber & Steinmetz - Kanzlei
Der deutsche Testamentsvollstrecker und Spanienvermögen
I. Anwendbares Recht und Aufgaben des Testamentsvollstreckers
Das auf einen Erbfall anwendbare Recht - das sog. „Erbstatut" - beurteilt sich sowohl aus deutscher (Art. 25 Abs. 1 EGBGB) wie auch aus spanischer Sicht (Art. 9 Abs. 8 Código Civil) nach dem Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers. Das Erbstatut regelt nicht nur die „gängigen" erbrechtlichen Fragen wie die des gesetzlichen Erbrechts, des Pflichtteilsrechts oder der inhaltlichen Wirksamkeit von Testamenten. Nach ihm beurteilt sich auch das Recht der Testamentsvollstreckung. War der Verstorbene also deutscher Staatsangehöriger, findet auf ihn deutsches Erb- und Testamentsvollstreckungsrecht Anwendung, auch wenn sich nachlassgegenständliche Immobilien und Konten in Spanien finden.
Häufig hat der deutsche Testamentsvollstrecker in Spanien insbesondere folgende Aufgaben anzugehen:
- Er muss für die Zahlung der laufenden Abgaben einer Immobilie (z.B. die Grundsteuer, Wasser, Elektrizität und Strom) Sorge tragen
- er soll Immobilien auf Erben umschreiben oder unter ihnen aufteilen
- er soll Konten bei spanischen Banken oder dort bestehende Wertpapierdepots auflösen
- die steuerlichen Pflichten einhalten
II. Probleme bei der Erfüllung der Aufgaben und Lösungsmöglichkeiten
Trotz Anwendbarkeit deutschen Erbrechts hat der deutsche Testamentsvollstrecker in Spanien jedoch bei der Erledigung seiner Aufgaben nicht nur sprachliche Barrieren zu überwinden.
1) Nachweis der Bestellung und der Befugnisse
Der Testamentsvollstrecker wird im Rahmen seiner Tätigkeit unweigerlich mit spanischen Gerichten, Grundbuchämtern und Banken in Berührung kommen. Zwischen Deutschland und Spanien besteht kein internationales Abkommen, das die Anerkennung von Testamentsvollstreckerzeugnissen in dem jeweils anderen Staat regelt. Daraus folgt, dass der Anerkennung der Testamentsvollstreckung und der mit ihr verbundenen Befugnisse in Spanien Anerkennungshindernisse entgegenstehen können. Spanische Gerichte, Behörden und Banken sind nicht verpflichtet, die Bestimmungen einer ihr fremden Rechtsordnung zu kennen. In der Regel lässt sich dieses Problem aber in einer Rechtsbescheinigung durch einen Nachweis der entsprechenden deutschen Vorschriften und ihrer Auslegung lösen. Die Rechtsbescheinigung sollte unmittelbar in spanischer Sprache abgefasst sein und - zur Vorbeugung von Missverständnissen - für einen spanischen Juristen verständlich sein, weshalb es sich empfiehlt, besonders auf praxisrelevante Unterschiede zwischen deutschem und spanischem Testamentsvollstreckungsrecht einzugehen. Damit wird dem spanischen Richter, dem Grundbuchamt oder einer anderen Behörde die Arbeit erleichtert und der Weg für den Testamentsvollstrecker geebnet.
2) Das Grundbuchrecht als „Prozessrecht"
Auch wenn inhaltlich aus spanischer Sicht deutsches Erbrecht anwendbar ist, so erstreckt sich dies nicht auf grundbuchrechtliche Fragen. So wenig wie ein deutsches Grundbuchamt spanisches Grundbuchrecht anwenden würde, verhält es sich auch im umgekehrten Fall. Das Grundbuchrecht beurteilt sich folglich bei einer spanischen Immobilie nach der Ley Hipotecaria, der spanischen Grundbuchordnung. Wenn die Vorgaben der spanischen Grundbuchordnung nicht beachtet werden, wird es dem Testamentsvollstrecker nicht gelingen, die auf Grund seines Amtes erforderlichen Verfügungen über Immobilieneigentum vorzunehmen. Zur Übertragung des Immobilieneigentums an einen der Erben, einen Vermächtnisnehmer oder, soweit die Liquidation der Immobilien erforderlich ist, an einen Dritten ist die Errichtung entsprechender notarieller Urkunden notwendig. Wir betreuen die Abwicklung der Übertragung, damit die Grundbuchumschreibung gewährleistet ist. Dies bedeutet insbesondere, dass dem Testamentsvollstrecker die komplizierte Prüfung der erforderlichen spanischen Urkunden erspart bleibt. Regelmäßig ist durch unsere Beauftragung die Anwesenheit des Testamentsvollstreckers vor Ort entbehrlich, weil durch die Protokollierung der durch uns entworfenen spanischsprachigen Vollmachten ein Rechtsanwaltskollege die Vertretung anlässlich der Beurkundung übernimmt.
3) Das Steuerrecht
Zwischen der Bundesrepublik und dem Königreich Spanien besteht kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in Erbsachen. Befinden sich Nachlassgegenstände in Spanien, so begründet der Erbfall also in jedem Fall steuerliche Pflichten gegenüber dem spanischen Finanzamt. Innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall sind die Erbschaftssteuererklärung abzugeben und die Erbschaftsteuer zu entrichten. Wenn innerhalb von fünf Monaten nach dem Erbfall ein Antrag auf Verlängerung der Frist gestellt wird, so können Abgabe der Erbschaftssteuererklärung und Zahlung der Steuer auf 12 Monate hinausgeschoben werden. Damit wird das Anfallen unnötiger steuerlicher Säumniszuschläge vermieden. Für die Regelung der steuerlichen Angelegenheiten sollten deshalb die deshalb Dienste einer Kanzlei in Anspruch genommen werden, die für die Beachtung und Erledigung dieser steuerlichen Aspekte Sorge trägt. Zunächst muss eine sog. „NIE", d.h., die „Identifikationsnummer für Ausländer" eingeholt werden, damit der Testamentsvollstrecker überhaupt in Spanien tätig werden kann.
Zahlreiche weitere Vorgänge - beispielsweise die Veräußerung einer Nachlassimmobilie - lösen Steuerpflichten aus. Auch hier ist eine fachkundige Beratung unerlässlich.
III. Ergebnis
Damit der deutsche Testamentsvollstrecker seinen Aufgaben bzgl. des spanischen Nachlassvermögens nachkommen kann, sind zahlreiche Besonderheiten in Bezug auf den Nachweis seiner Befugnisse, die Umschreibung des spanischen Grundbuchs und die durch den Erbfall bedingten steuerlichen Pflichten zu beachten. Um bei spanischen Grundbuchämtern, Gerichten und Banken nicht auf Widerstände zu stoßen, sollte der Testamentsvollstrecker Rechtsrat bei einer auf dem Gebiet des deutsch-spanischen Rechtsverkehrs spezialisierten und erfahrenen Rechtsanwaltskanzlei einholen.
Dr. Alexander Steinmetz, Rechtsanwalt