ARBEITSRECHT
Goodgame Studios: Kündigungen wegen Leistungsdefiziten oder Betriebsratsgründung?
Autor: Rechtsanwalt Alexander Bredereck - Rechtsanwalt
Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.
Im Internet (z.B. Newsslash, Finanznachrichten.de, Golem.de) wird aktuell darüber spekuliert, ob die Entlassungen von 28 Mitarbeitern der Goodgame Studios mit der angeblich geplanten Gründung eines Betriebsrates in Zusammenhang stehen. Das Unternehmen begründet die Kündigungen seiner Mitarbeiter wohl mit Leistungsdefiziten. Darf ein Unternehmen Mitarbeiter wegen der (geplanten) Gründung eines Betriebsrats entlassen? Darf ein Unternehmen Mitarbeiter wegen Leistungsdefiziten entlassen?
Kündigungen im Zusammenhang mit der geplanten Gründung eines Betriebsrats unzulässig:
Kündigungen von Mitarbeitern wegen der geplanten oder tatsächlich durchgeführten Gründung eines Betriebsrats sind generell unzulässig. Der Arbeitgeber darf weder die Gründung eines Betriebsrats noch dessen Arbeit behindern. Die Kündigung von Mitarbeitern, die einen Betriebsrat gründen wollen, stellt allerdings eine eklatante Behinderung des Betriebsrates dar. Zudem braucht der Arbeitgeber in Unternehmen mit regelmäßig mehr als zehn Mitarbeitern einen vom Kündigungsschutzgesetz anerkannten Kündigungsgrund. Dieser kann niemals im Zusammenhang mit der Gründung eines Betriebsrats gefunden werden. Anerkannt sind lediglich betriebsbedingte, personenbedingte und verhaltensbedingte Gründe.
Kündigungen wegen Leistungsdefiziten in der Praxis nur sehr selten wirksam:
Kündigungen wegen Leistungsdefiziten, bzw. Schlechtleistung sind seitens der Arbeitgeber in der Praxis nur sehr schwer durchsetzbar. Natürlich kann der Arbeitgeber zunächst mit dieser Begründung kündigen. Der Arbeitnehmer muss dann innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht erheben. Versäumt er dies, wird die Kündigung wirksam. Wehrt sich der Arbeitnehmer allerdings mit einer Kündigungsschutzklage, muss der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht seine Kündigung begründen. Wenn er nun den Kündigungsgrund Schlechtleistung (Stichwörter: Minderleistung, Lowperformer) heranziehen will, muss er diese Schlechtleistung darlegen und beweisen. Wenn Mitarbeiter zum Beispiel an einem Fließband stehen und bestimmte Stückzahlen pro Tag produzieren müssen und wenn beispielsweise die Stückzahl durchschnittlich zehn pro Tag und Mitarbeiter ist und ein Mitarbeiter schafft nur zwei Stück pro Tag, dann kann die Schlechtleistung zunächst einmal dargelegt werden. Doch welche Mitarbeiter stehen heutzutage schon am Fließband? Gerade bei intellektuellen Leistungen der Mitarbeiter lässt sich eine Schlechtleistung nur sehr schwer begründen. Hier fällt es schon schwer, die durchschnittliche Leistung zu bestimmen. Was ist ein durchschnittlicher Schriftsatz eines Anwalts? Wie sieht ein durchschnittlicher Zeitungsartikel aus? Selbst wenn dem Arbeitgeber eine Feststellung der Schlechtleistung gelingt, bedeutet dies noch nicht, dass die Kündigung wegen der Schlechtleistung wirksam ist.
Der Arbeitnehmer kann sich nämlich damit entlasten, dass er darlegt, dass ihm eine bessere Leistung, als die erbrachte auch bei Aufbietung sämtlicher Kräfte und größtem Engagement nicht möglich war. Der Arbeitnehmer muss hierfür darlegen, dass er quasi alles gegeben hat, um die durchschnittliche Leistung zu erreichen und dass ihm dies trotz erheblicher Kraftanstrengung nicht gelungen ist. Schafft der Arbeitnehmer eine solche Darlegung, ist die Kündigung ebenfalls unwirksam. Dann war es nämlich der Fehler des Arbeitgebers, dass er diesen Mitarbeiter eingestellt hat.
Fazit: Eine Kündigung wegen Schlechtleistung ist zwar nicht grundsätzlich unzulässig, wie etwa die Kündigung wegen der Gründung eines Betriebsrats. Sie ist in der Praxis aber nahezu ausgeschlossen, weil sie nicht umsetzbar ist. Der Arbeitgeber muss befürchten, dass der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage einreicht und sich auf diese Weise zurück ins Unternehmen klagt oder aber eine erhebliche Abfindung kassiert.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Halten Sie sich an die gesetzlich vorgegebenen Kündigungsgründe. Je exotischer der Kündigungsgrund, umso eher laufen Sie Gefahr, vor dem Arbeitsgericht zu verlieren. Die Behinderung der Arbeit eines Betriebsrats kann für Arbeitgeber schwerwiegende Folgen, bis hin zur Strafbarkeit haben.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Wenn Sie eine Kündigung hat erhalten, wird der Arbeitgeber in der Regel keinen Kündigungsgrund in dem Kündigungsschreiben aufführen. Sie müssen innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Nur bei rechtzeitiger Erhebung der Kündigungsschutzklage können sie ihren Arbeitsplatz retten oder eine Abfindung (Regelsatz ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, bei kurzen Beschäftigungsverhältnissen deutlich höher) erzielen.
Unser Angebot:
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2.12.2015
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