STRAFRECHT
Rechtsanwalt Strafrecht & Strafverteidigung - FAQ § 184b StGB (Kinderpornographie) Frage 1: Was darf bei einer Durchsuchung mitgenommen werden und kann noch einmal durchsucht werden?
Autor: Thomas M. Amann - Rechtsanwalt
Die Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Besitz bzw. Verbreiten von kinderpornographischen Schriften gemäß § 184b StGB (seit Januar auch wegen Jugendpornographie nach § 184c StGB) nehmen bundesweit immer mehr zu. Genauso zu nehmen die Härte der Strafverfolgung und der öffentliche Druck auf Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht. Das klassische Nord-Süd-Gefälle bei der Strafzumessung ist kaum noch zu beobachten. Jede Staatsanwaltschaft und jedes Gericht handeln nach eigenen wechselnden Strafzumessungsmaßstäben, die dem in diesem Deliktsbereichen strafverteidigenden Rechtsanwalt geläufig sein müssen. Mit der Höhe der von den Staatsanwaltschaften geforderten Strafen steigt neben den Problemen für den Betroffenen (familiäre und soziale Ächtung, Gefährdung des Arbeitsplatzes, Vorstrafe und Eintrag im Führungszeugnis, ggf. gar Gefängnisstrafe usw.) auch die Dauer der Ermittlungsverfahren an. Von der Durchsuchung bis zum Vorliegen eines Auswertungsgutachtens sind nunmehr mit gut 10 Monaten zu rechnen (bundesweiter Durchschnitt aller Verfahren, die der Verfasser bislang betreut hat). Diese lange Ermittlungsdauer lässt sich jedoch im Rahmen einer professionellen Strafverteidigung ausgezeichnet nutzen, um die gesetzlichen Strafzumessungskriterien des § 46 StGB (Strafgesetzbuch) abzuarbeiten und so den erhöhten Bestrafungsdruck der Justiz zu kompensieren. So z.B. durch einen je nach Fall mehr oder weniger intensiven psychotherapeutischen Ansatz.
"Was darf bei einer Durchsuchung alles mitgenommen werden und können meine Wohnung oder meine Geschäftsräume nach einer Durchsuchung noch einmal durchsucht werden?"
Ermächtigungsgrundlage für eine polizeiliche Hausdurchsuchung ist ein nach § 102 StPO (Strafprozessordnung) von einem Richter erlassener Durchsuchungsbeschluss (= "Durchsuchungsbefehl"), der ganz genau regelt, was wo gesucht werden darf. Nur an der in dem Beschluss angegebenen Anschrift und nur bei dem in dem Beschluss angegebenen Verdächtigen darf durchsucht werden. Dabei dürfen grundsätzlich (Ausnahme: So genannte Zufallsfunde) nur die Sachen mitgenommen werden, die in dem Durchsuchungsbeschluss aufgeführt sind. Bei Verfahren nach § 184b StGB sind dies in der Regel alle Arten von Computern/Rechnern (auch PDAs usw.), alle Arten von Speichermedien (CDs, DVDs, HDDs, USB-Sticks usw.) sowie neuerdings auch alle Arten von Mobiltelefonen.
Für eine neue bzw. weitere Durchsuchung ist grundsätzlich ein neuer Durchsuchungsbeschluss erforderlich. Ein bereits vollstreckter Durchsuchungsbeschluss kann nicht für eine spätere weitere Durchsuchung herangezogen werden (Ausnahme: Die Durchsuchung konnte nicht vollständig durchgeführt werden oder musste unterbrochen werden).
Für einen neuen/weiteren Durchsuchungsbeschluss sind selbstverständlich (weitere) konkrete Anhaltspunkte erforderlich, die eine neue Durchsuchung rechtfertigen. Z.B. der Verdächtige hat sich nach der ersten Durchsuchung einen neuen PC angeschafft und erneut strafbares Material runtergeladen.
Da im Rahmen der bundesweiten Bekämpfung von Kinderpornographie oft verschiedene Ermittlungsgruppen unabhängig voneinander tätig sind, ist es theoretisch aufgrund der bislang leider unzureichenden Vernetzung der Staatsanwaltschaft nicht auszuschließen, dass gegen einen Betroffenen von verschiedenen Seiten aus ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird und bspw. zwei Gerichte unabhängig voneinander einen Durchsuchungsbeschluss auf Antrag der jeweiligen Staatanwaltschaft erlassen.
In der Praxis werden die Verfahren nach § 184b StGB jedoch meistens von den anfangs ermittelnden Staatsanwaltschaften (bspw. StA Kassel bei Operation Susi) an die Wohnsitzstaatsanwaltschaften abgegeben, so dass zwei oder mehrere Durchsuchungen aufgrund eines Tatvorwurf (z.B. Download der kinderpornographischen Datei XY am...) nahezu ausgeschlossen sind.
Es ist jedoch ratsam, spätestens nach der Durchsuchung einen Rechtanwalt zu konsultieren. Dieser wird mit Ihnen im Rahmen des ersten Beratungsgespräches unter anderem dann das individuelle Risiko einer weiteren Durchsuchung abklären und gegebenenfalls unverzüglich Gegenmaßnahmen einleiten.
Diese Schriftenreihe soll den Betroffenen und Interessierten durch die kurze Darstellung der in den ersten Mandatsgesprächen immer wieder auftauchenden Fragen (FAQ) einen groben Einblick in das äußerst komplexe Strafverfahren und seine Rechtsfolgen geben.
Bitte beachten Sie dabei jedoch, dass dies in keinem Fall eine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann, da jeder Fall grundsätzlich anders gelagert und mithin anders zu handhaben ist.
Besonders in Verfahren nach § 184b und § 184c StGB kann umso mehr erreicht werden, je früher ein entsprechend spezialisierter Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger des Vertrauens eingeschaltet wird.