WIRTSCHAFTSRECHT
Überhöhte Rücklage der IHK Pfalz wegen möglicher Wirtschaftskrisen
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:

Überhöhte Rücklage der IHK Pfalz wegen möglicher Wirtschaftskrisen © Symbolgrafik:© eyetronic - stock.adobe.com
Koblenz (jur). Die Industrie- und Handelskammern dürfen Rücklagen bilden, um einnahmerelevante Schwankungen in der wirtschaftlichen Entwicklung auffangen zu können. Diese dürfen aber nicht überhöht sein, wie das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in einem am Dienstag, 9. Mai 2023, bekanntgegebenen Urteilen entschied. Es verwarf damit die Beitragsbescheide der IHK Pfalz für die Jahre 2018 bis 2021 (Az.: 6 A 11190/22.OVG und 6 A 11192/22.OVG), bestätigte aber die Bescheide der IHK Koblenz für 2021 (Az.: 6 A 11191/22.OVG).
Danach ist es überzogen, wenn die Rücklage auch sehr unwahrscheinliche Entwicklungen abfängt. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließen die Koblenzer Richter die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.
Ein Gewerbebetrieb aus der Pfalz und eine bundesweite Textilkette hatten sich gegen die Beitragsbescheide der beiden IHKen für verschiedene Jahre gewandt. Dabei rügten sie eine „unzulässige Vermögensbildung“ durch Rücklagen, unter anderem eine Rücklage für beitragswirksame Schwankungen in der wirtschaftlichen Entwicklung.
Das OVG entschied nun, dass eine solche Rücklage grundsätzlich zulässig ist. Dabei billigten die Koblenzer Richter auch, dass IHKen für die Berechnung dieser Rücklage ein sogenanntes „Risiko-Tool“ nutzen, eine von Wirtschaftsprüfern geprüfte Software. Diese erlaubt die Einstellung verschiedener Sicherheitsstufen, sogenannter Konfidenzniveaus.
Dabei hatte die IHK Koblenz das Konfidenzniveau „95 Prozent“ gewählt. Dies gelte gemeinhin als Standard und sei daher nicht zu beanstanden, urteilte das OVG.
Demgegenüber habe sich die IHK für die Pfalz „in Kenntnis des Standardwerts von 95 Prozent für die Anwendung eines Konfidenzniveaus von 99 Prozent entschieden“. Dies habe hier zu einer Rücklage von knapp 4,4 Millionen Euro geführt, gegenüber 1,9 Millionen bei dem Standardwert von 95 Prozent. Hierfür sei eine „aussagekräftige und belastbare Begründung“ erforderlich, warum die IHK solch hohe Risiken in der kommenden Wirtschaftsentwicklung sieht. Eine solche „tragfähige, sachgerechte Begründung“ habe hier aber gefehlt.
Gegen diese Urteile vom 25. April 2023 ließ das OVG Koblenz wegen grundsätzlicher Bedeutung jeweils die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu. Dies hat bereits entschieden, dass die IHKen Rücklagen nur bilden dürfen, soweit dies sachlich gerechtfertigt ist. Dagegen sei „die Bildung von Vermögen den Kammern gesetzlich verboten“ (Urteile vom 22. Januar 2020, Az.: 8 C 9.19, 8 C 10.19 und 8 C 11.19; JurAgentur-Meldung vom Folgetag).
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock