ARBEITSRECHT
Vereinbarung einer geringeren Vergütung durch kirchlichen Arbeitgeber
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Erfurt (jur). Kirchliche Arbeitgeber können in einem Arbeitsvertrag von den für kirchliche Beschäftigte vereinbarten Vergütungen abweichen. Auch wenn ein Arbeitgeber sich nicht an die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) hält, sind davon abweichende Arbeitsvertragsklauseln grundsätzlich wirksam, urteilte am Donnerstag, 24. Mai 2018, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (Az.: 6 AZR 308/17). Werde gegen geltendes Kirchenrecht verstoßen, müssten die Kirchen dies selbst ahnden.
Für die über eine Million Beschäftigten von Caritas und Diakonie in Deutschland gilt ein eigenes, kirchliches Arbeitsrecht. Dieses geht auf das im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen zurück.
Bindung an die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien
Nach dem kirchlichen Arbeitsrecht legen Arbeitgeber und Mitarbeitervertretungen in den AVR nicht nur die geltenden Arbeitsbedingungen, sondern auch die Vergütungen aller Beschäftigten fest. Einrichtungen der Diakonie und Caritas sind laut Kirchenrecht an die AVR grundsätzlich gebunden. Bei der evangelischen Kirche können – je nach Landeskirche – auch einschlägige Tarifverträge greifen.
Im entschiedenen Fall war eine als Alltagsbegleiterin befristet angestellte Frau aus Niedersachsen für einen Lohnnachschlag vor Gericht gezogen. Die Frau, die pflegende Angehörige unterstützt und ihnen Arbeiten abnimmt, hatte mit ihrem diakonischen Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vereinbart, dass sie während ihrer Beschäftigung vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2015 eine jährliche Lohnerhöhung von 1,25 Prozent bekommt. Auch eine Jahressonderzahlung stand ihr zu.
Klägerin forderte einen Lohnnachschlag
Sowohl die vertraglich vereinbarte Lohnerhöhung als auch die Jahressonderzahlung fielen jedoch viel geringer aus, als die AVR es vorsahen. Damit habe der Arbeitgeber gegen geltendes Kirchenrecht verstoßen, welches zur Anwendung der AVR oder einschlägiger Tarifverträge verpflichte, rügte die Klägerin.
Die Vergütung sei hier sittenwidrig und verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass die AVR entsprechend dem Kirchenrecht letztlich in vollem Umfang gültig seien. Von ihrem Arbeitgeber forderte die Alltagsbegleiterin daher eine Bezahlung nach den AVR und damit einen Lohnnachschlag von insgesamt 3.899 Euro.
Das BAG hielt die arbeitsvertraglichen Klauseln jedoch für wirksam. Zwar binden die kirchengesetzlichen Regelungen den kirchlichen Arbeitgeber. Die Kirche müsse aber eine Nichtbeachtung der Regeln selbst ahnden und Konsequenzen ziehen. Der kirchliche Arbeitgeber müsse zudem damit rechnen, dass die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung zur Eingruppierung der Beschäftigten verweigert.
Keine sittenwidrige Vergütung
Damit werde aber ein von den AVR abweichender Arbeitsvertrag noch nicht unwirksam, urteilte das BAG. Das sei erst bei einem Verstoß gegen das weltliche Arbeitsrecht der Fall, inzwischen insbesondere auch bei einem Verstoß gegen den Mindestlohn.
Gegen Treu und Glauben verstoße solch ein Arbeitsvertrag nicht. Denn hier habe die Klägerin den Vertrag unterschrieben und gewusst, worauf sie sich einlässt. Sittenwidrig gering sei die Vergütung nicht gewesen.
Anders könnte es allerdings bei einem kirchlichen Tarifvertrag aussehen. Bei beiderseitiger Tarifbindung unterläge der Arbeitsvertrag dann der normalen arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Ein Tarifvertrag besteht auch für die Diakonie in Niedersachsen. Die Satzung des diakonischen Arbeitgeberverbands überlässt es allerdings den Mitgliedsunternehmen, entweder den Tarifvertrag oder alternativ die AVR der Diakonie Deutschland anzuwenden. Hier hatte sich der Arbeitgeber für die AVR entschieden.
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