VERKEHRSRECHT
Wegen Vogelkollision keine Fluggastentschädigung
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Luxemburg (jur). Flugpassagiere können von ihrer Fluglinie keine Entschädigung verlangen, wenn sich der Flug wegen der Kollision mit einem Vogel verspätet. Denn ein solcher Unfall liegt nicht im Einflussbereich der Fluggesellschaft, urteilte am Donnerstag, 4. Mai 2017, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-315/15). Danach sind die Fluggesellschaften nicht für eventuelle Versäumnisse des Flughafenbetreibers bei der Vogelabwehr verantwortlich. Eine Entschädigung kann aber fällig werden, wenn andere Verspätungsursachen hinzukommen.
Nach EU-Recht haben Flugpassagiere Anspruch auf eine sogenannte Ausgleichszahlung, wenn sich ihr Flug um mehr als drei Stunden verspätet oder sogar ganz ausfällt. Ein solcher Anspruch besteht ausnahmsweise nicht, wenn dies auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückgeht, für die die Fluggesellschaft nicht verantwortlich ist. Bei Interkontinentalflügen beträgt die Entschädigung 600, bei kürzeren Flügen mindestens 250 Euro.
Im Streitfall geht es um einen Flug der tschechischen Fluggesellschaft Travel Service von Burgas in Bulgarien nach Ostrava in Tschechien. Die Maschine landete dort mit einer Verspätung von fünf Stunden und 20 Minuten.
Streit um Fluggastentschädigung
Grund waren Vorfälle bei unmittelbar vorausgehenden Flügen desselben Flugzeugs: Einmal war ein technisches Problem an der Schubumkehr aufgetreten; dessen Reparatur hatte eindreiviertel Stunden gedauert. Zudem war das Flugzeug bei einer vorausgehenden Landung mit einem Vogel kollidiert. Ein hierfür autorisierter Prüfer nahm die Maschine aber als flugtauglich ab; dennoch hatte die Fluggesellschaft darauf bestanden, dass sich zusätzlich ein Techniker des Eigentümers das Flugzeug ansieht, der aber extra anreisen musste. Von beiden Experten wurden keine Mängel gefunden.
Den Streit um eine Fluggastentschädigung legten die tschechischen Gerichte dem EuGH vor.
Fluggesellschaft ist für weitere Verspätungen verantwortlich
Der entschied nun zunächst, dass ein Vogelschlag nicht im Einflussbereich der Fluggesellschaft liege. Für eine darauf zurückgehende Verspätung werde daher keine Entschädigung fällig. Eventuelle Versäumnisse des Flughafenbetreibers bei der Abwehr von Vögeln seien den Fluglinien nicht zuzurechnen.
Weiter entschied der EuGH, dass Travel Service aber auf die Beurteilung des örtlichen Gutachters hätte vertrauen dürfen und müssen, weil dieser nach den einschlägigen Vorschriften für eine solche Prüfung autorisiert war. Daher sei die Fluggesellschaft für die weitere Verspätung verantwortlich, die durch die Anreise eines weiteren Experten entstanden war.
Prüfung der Vogelkollision
Gleiches gelte für technische Probleme, hier mit der Schubumkehr. Diese lägen im Einflussbereich der Fluglinie. Das gelte auch, wenn wie hier die Probleme früher auftreten, als nach den üblichen Serviceintervallen zu erwarten stand.
Schließlich betonten die Luxemburger Richter, dass der Vogelschlag nicht automatisch eine Fluggastentschädigung ausschließt. Entscheidend ist danach, ob die im Einflussbereich der Fluglinie liegenden Gründe – hier die Schubumkehr und die zweite Prüfung nach der Vogelkollision – auch für sich genommen zu einer Verspätung von mehr als drei Stunden geführt hätten. Dies sollen nun die tschechischen Gerichte klären.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage