EU-RECHT
EuG stärkt „Europäische Bürgerinitiative“
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Luxemburg (jur). Das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) hat die „Europäische Bürgerinitiative“ gestärkt, mit der EU-Bürger die Kommission zu konkreten Gesetzen auffordern können. Bei einer Ablehnung muss die EU-Kommission genau begründen, welche Teile der Initiative sie warum für unzulässig hält, urteilte das EuG am Freitag, 3. Februar 2017, in Luxemburg (Az: T-646/13). Es gab damit der Initiative „Minority SafePack“ für einen besseren Schutz nationaler Minderheiten in den EU-Staaten eine neue Chance.
Die Europäische Bürgerinitiative ist ein 2012 eingeführtes Teilhabeinstrument der EU. Hierfür müssen sich mindestens sieben Bürger aus mindestens sieben EU-Staaten in einem „Bürgerausschuss“ zusammenschließen. Ziel ist eine Aufforderung der EU-Kommission zu bestimmten Gesetzesinitiativen.
Die Kommission entscheidet allerdings zunächst über die Registrierung der Bürgerinitiative. Nach der Registrierung hat der „Bürgerausschuss“ ein Jahr Zeit, mindestens eine Million Unterschriften zu sammeln. Organisationen können zwar keine Bürgerinitiative einbringen, dürfen den Bürgerausschuss aber unterstützen.
Kommen eine Million Unterstützer zusammen, stellt der Bürgerausschuss seine Initiative vor Kommissions-Vertretern und im EU-Parlament vor. Die Kommission muss die Initiative dann zwar nicht unmittelbar umsetzen. Sie ist aber zu einer Antwort verpflichtet und muss erklären, welche Maßnahmen sie vorschlägt.
Im Juli 2013 hatte ein Bürgerausschuss mit sieben Minderheiten-Vertretern aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Italien, Niederlande, Österreich und Rumänien die Bürgerinitiative „Minority SafePack – one million signatures for diversity in Europe“. Sie soll einen besseren Schutz sprachlicher und anderer Minderheiten in den EU-Ländern erreichen. Zu den Initiatoren gehört die schleswig-holsteinische Justizministerin und SSW-Politikerin Anke Spoorendonk.
Unter anderem soll die EU ein „Zentrum für Sprachenvielfalt“ einrichten und Projekte auflegen, um die Gleichbehandlung zu fördern. Allgemein sollen Förderprogramme auch für kleine Regionen zugänglich sein, damit auch kleine Sprachregionen Anträge stellen können.
Einen Monat vorher, im Juni 2013, hatte bereits eine andere Gruppe eine Bürgerinitiative „für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen“ vorgelegt. Die Kommission hatte die Registrierung abgelehnt, das EuG hatte dies bestätigt (Urteil vom 10. Mai 2016, Az.: T-529/13). Die Initiative laufe auf Vorgaben hinaus, wie die einzelnen Staaten ihre Verwaltungsregionen strukturieren sollen. Das aber stehe der EU nicht zu.
Möglicherweise wegen ähnlicher Bedenken lehnte die EU-Kommission auch die Registrierung der Bürgerinitiative „Minority SafePack“ ab. Teile der Initiative seien unzulässig, so die knappe Begründung.
Diese Begründung ist „offensichtlich unzureichend“, urteilte nun das EuG. Es erklärte die ablehnende Kommissionsentscheidung für nichtig. Die Kommission müsse genauer mitteilen, welche Teile sie für unzulässig hält und warum diese unzulässig sein sollen. Denn nur dann könnten die Initiatoren ihre Konsequenzen ziehen und entweder gezielt gegen die Ablehnung klagen oder auch eine neue Bürgerinitiative einreichen, die den Bedenken Rechnung trägt.
Nach dem erstinstanzlichen Urteil muss die EU-Kommission nun neu über die Bürgerinitiative „Minority SafePack“ entscheiden. Sie kann zunächst aber auch Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage