VERWALTUNGSRECHT
Ja zum Flughafen heißt auch Ja zum Lärm
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Kassel (jur). Der Streit um die Flugrouten am Flughafen Frankfurt am Main kann den Ausbau des Flughafens nicht nachträglich infrage stellen. Der Lärm ist als Folge des Ausbaus unausweichlich und im Fall des sogenannten verlängerten Horizontalanflugs auch alternativlos, urteilte am Dienstag, 1. Oktober 2013, der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel (Az.: 9 C 573/12.T).
Hintergrund des Streits ist die jüngste Erweiterung von Deutschlands größtem Flughafen, unter anderem um die 2011 in Betrieb genommene Landebahn Nordwest. Mit der Erweiterung sollte der vorausgesagte Anstieg der Passagierzahlen von 53,5 Millionen im Jahr 2008 auf über 80 Millionen 2020 bewältigt werden. Der VGH Kassel (Urteile vom 21. August 2009, Az.: C 227/08.T und weitere) und das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 14. April 2011, Az.: 4 B 77.09) hatten die Planfeststellung für den Ausbau grundsätzlich gebilligt.
Dabei machten die neue Landebahn und die angestrebte Kapazitätserweiterung auch neue Flugrouten erforderlich. Der verlängerte Horizontallandeanflug soll den gleichzeitigen aber voneinander unabhängigen Betrieb zweier parallel liegender Landebahnen ermöglichen. Dabei fliegen die Flugzeuge nicht im direkten Sinkflug auf den Flughafen zu, sondern überfliegen das Kinzigtal über längere Strecke in gleichbleibender Höhe. Gegen dieses Verfahren klagten gemeinsam der Main-Kinzig-Kreis sowie ein Privatanwohner.
Der VGH Kassel wies die Klage nun ab. Zur Begründung verwies er auf die politische und auch gerichtliche Zustimmung zur Planfeststellung. Schon hier seien die Belange von Umwelt und Anwohnern gegen die wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Ausbauinteressen abgewogen worden.
Bei der Festsetzung der konkreten Flugrouten sei eine direkte Beteiligung „Lärmbetroffener“ nicht mehr vorgesehen. Ihre Interessen würden „durch die gesetzlich vorgesehene Fluglärmkommission gewahrt“. Unzulässig sei eine Flugroute aber erst dann, wenn die drohende Lärmbelastung die gesetzlich definierte „Unzumutbarkeitsschwelle erreicht oder gar überschreitet“.
Dies sei hier nicht der Fall und auch für die Zukunft nicht zu erwarten, urteilte der VGH. Das Anflugverfahren sei letztlich durch die Lage der Landebahnen bedingt und diene der sicheren Abwicklung der Flüge. Zudem kämen „keine zur Verkehrsabwicklung in gleichem Maße geeigneten Alternativen in Betracht“, erklärten die Kasseler Richter.
Im Anschluss an die Urteilsverkündung begann der VGH seine Verhandlungen über den von der Stadt Offenbach beklagten „Endanflug“ auf den Frankfurter Flughafen.
Am 3. September hatte der VGH die sogenannte Südumfliegung als rechtswidrig verworfen. Grundlage dieses Abflugverfahrens war ein technisches Navigationssystem, das den gleichzeitigen Betrieb zweier Startbahnen mit sich überschneidenden Flugrouten ermöglichen sollte. Diese Lösung habe sich aber „als nicht realisierbar erwiesen“, so der VGH. Daher gebe es auch keine Grundlage mehr für die mit diesem Abflugverfahren verbundene Lärmbelastung der Anwohner (Az.: 9 C 323/12.T, JurAgentur-Meldung vom selben Tag).
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