ARBEITSRECHT
Möglicher Wegfall von Mehrarbeit ist kein Befristungsgrund
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Erfurt (jur). Die Unsicherheit eines Arbeitgebers über künftige Beschäftigungsmöglichkeiten rechtfertigt noch nicht den Abschluss befristeter Arbeitsverträge. „Es reicht nicht aus, dass eine Aufgabe beim Arbeitgeber möglicherweise entfällt“, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag, 12. September 2013, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag (Az.: 7 AZR 107/12). Damit muss der Landkreis Leer eine Sachbearbeiterin in der Arbeitsvermittlung unbefristet einstellen.
Nach dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge dürfen Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Arbeitsvertrag befristen. Eine befristete Einstellung ohne sachlichen Grund ist nur bei neuen Arbeitnehmern und nur für maximal zwei Jahre zulässig. Werden Gründe angegeben, ist auch eine Befristung über zwei Jahre hinaus möglich. Gründe für befristete Arbeitsverträge können beispielsweise eine Schwangerschaftsvertretung oder ein vorübergehend höherer Arbeitsbedarf sein.
Im jetzt entschiedenen Rechtsstreit hatte ein Landkreis aus Niedersachsen die Klägerin als Sachbearbeiterin in der Arbeitsvermittlung nur befristet eingestellt. Der Landkreis ist eine von derzeit 106 sogenannten Optionskommunen, die die Betreuung und Beratung von Hartz-IV-Empfängern alleine in die Hand nehmen. Normalerweise teilen sich die Kommunen diese Aufgabe mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) in den Jobcentern.
Ursprünglich sollten die Optionskommunen die Hartz-IV-Verwaltung nur befristet übernehmen – und zwar von 2005 bis Ende 2010. Im August 2010 hatte der Gesetzgeber jedoch das Optionsmodell unbefristet verlängert.
Da anfangs nicht klar war, dass der Landkreis auch über 2010 hinaus für die Hartz-IV-Anträge zuständig sein würde, erhielt die Klägerin als Sachbearbeiterin für die Arbeitsvermittlung nur einen befristeten Vertrag bis Ende 2010.
Doch das BAG pfiff die Kommune nun zurück. Die Frau habe Anspruch auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Der Landkreis habe als Optionskommune die Hartz-IV-Verwaltung zunächst zwar nur zeitweise übertragen bekommen, es habe sich aber um „dauerhaft anfallende sozialstaatliche Aufgaben“ gehandelt. Der Hinweis des Landkreises, dass das Optionsmodell möglicherweise nicht fortgeführt werden würde, reiche als Befristungsgrund nicht aus, so die Erfurter Richter. Nur wenn klar sei, dass ein zusätzlicher Arbeitsbedarf zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich entfällt, könne dies die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigen.
Den Gründen nach ist dieses Urteil auch auf private Arbeitgeber übertragbar.
Für Hartz-IV-Sachbearbeiter hat das BAG die Befristung nun zum zweiten Mal erschwert. Bereits am 10. März 2011 hatten die Erfurter Richter befristete Arbeitsverträge bei der Bundesanstalt für Arbeit gerügt (Az.: 7 AZR 728/07 und 7AZR 47/10, JurAgentur-Meldung vom selben Tag). Die Behörde hatte in den Jahren 2007 und 2008 5.000 beziehungsweise 5.800 befristete Arbeitsverträge von Jobcenter-Mitarbeitern mit der befristeten Zuweisung knapper Mittel im eigenen Haushalt begründet. Öffentliche Arbeitgeber dürften sich nicht selbst über ihren Haushalt die Rechtfertigung befristeter Arbeitsverhältnisse schaffen, urteilte der 7. BAG-Senat. Sogenannte Haushaltsbefristungen seien unzulässig, wenn der öffentliche Arbeitgeber seinen Haushaltsplan selbst beschlossen hat. Dies sei bei der Bundesagentur der Fall gewesen.
Nach Angaben der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen waren im September 2012 von rund 55.700 Beschäftigten in Jobcentern rund 6.300 nur befristet eingestellt. Die Beschäftigten in den Optionskommunen sind darin nicht enthalten.
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