MEDIENRECHT
Niederlage für die BILD-Zeitung - Lena Meyer-Landrut in Persönlichkeitsrechten verletzt
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
Dass die Bild-Zeitung gerne intime Geschichten von Prominenten ausführlich ausbreitet, gehört wohl auch zu ihren Markenzeichen. Als die deutsche Sängerin Lena Meyer-Landrut mit Nacktfotos erpresst wurde und die BILD darüber ausgiebig berichtete, ging die Zeitschrift bei ihrer Berichterstattung wohl doch zu weit – das sieht zumindest der Bundesgerichtshof (BGH) so, der in seiner medienrechtlichen Entscheidung eine Persönlichkeitsverletzung der Sängerin bestätigte.
Plötzlich Nacktfotos im Internet
Seit dem Sieg beim Eurovision Song Contest 2010 kennt ganz Deutschland die brünette Sängerin Lena Meyer-Landrut. Doch nachdem sich Nacktfotos der 28-Jährigen im Internet verbreiteten, stieg der Bekanntheitsgrad wohl mehr, als der Sängerin selbst lieb war. Hintergrund war, dass Unbekannte den Laptop des Freundes der Sängerin entwendet und dort offenbar die privat aufgenommenen Fotos gefunden hatten. Die Sängerin soll mit dem Bildmaterial sogar erpresst worden sein. Letztlich landeten die Bilder später im Netz.
Auch die Bild-Zeitung berichtete ausführlich über den Erpressungs-Skandal, unter anderem, darüber, dass "pikante Fotos des Popstars verbreitet" würden. "Zu sehen ist die Sängerin, wie sie nackt oder nur in Unterwäsche posiert." "Mit ein paar Klicks" könne man die Fotos im Internet finden. Des Weiteren zitierte das Boulevardblatt aus Twitter-Nachrichten der mutmaßlichen Erpresser, in denen sie erklärten, die Bilder hochzuladen.
Die Bilder selbst wurden in der Zeitung zwar nicht abgedruckt. Dennoch ging die Sängerin wegen der Berichterstattung vor Gericht und verlangte diese zu stoppen. Der Stein um die Persönlichkeitsrechte der Sängerin war ins Rollen gebracht und beschäftigte bis zu Letzt auch den BGH.
Berichterstattung aus dem intimen Privatleben
In den Vorinstanzen waren sich die Gerichte hinsichtlich eines Unterlassungsanspruches uneinig. Es musste zwischen dem Berichtsinteresse der Zeitung auf der einen Seite und dem Persönlichkeitsrechten der Sängerin auf der anderen Seite abgewogen werden. Eine Abwägungsfrage nach den Grundsätzen des Medienrechtes, der sich letztlich der BGH annehmen musste.
Nach Ansicht der Richter am BGH griff die Art und Weise der Berichterstattung der BILD in unzulässiger Weise in die Privatsphäre der Sängerin ein. Dies könne auch nicht durch die Presse- und Meinungsfreiheit der Zeitung gerechtfertigt werden. Bereits in der Berichterstattung darüber, was genau auf den Bildern zu sehen ist, sahen die Richter einen zu weitgehenden Eingriff in die Privatsphäre der Sängerin. Durch die Bezeichnung als "intime Fotos", "private Videos", "Nackt-Selfies", "pikante Fotos" und "Videos mit persönlichen Liebesbotschaften" sowie dem Hinweis, dass die Aufnahmen außer ihrem Freund niemand sehen sollte, bringe die Zeitung klar zum Ausdruck, dass das Bildmaterial sexuellen Bezug habe. Damit sei das Sexualleben des Popstars berührt - und das auch, obwohl Landrut die Fotos bewusst weitergegeben hatte. Dies war aber nur im privaten Raum an ihren Freund passiert, so die Richter.
Öffentliches Interesse vs. Persönlichkeitsrechte
Zwar kann ein solcher Eingriff in die Privatsphäre nach den Grundsätzen des Medienrechtes zulässig sein, wenn ein überwiegendes Interesse an der Berichterstattung besteht. Dies sah der BGH vorliegend aber nicht als gegeben an. Zwar hatte die BILD auch generell über die Gefahren einer unbefugten Verbreitung privater Fotos berichtet. Darin sei grundsätzlich ein wichtiges Thema zu sehen – der Schutz der Persönlichkeit der Sängerin überwiege aber dennoch. Begründet hatten die Richter dies insbesondere mit der sogenannten "Anlockwirkung" der Berichte. Zwar hat die BILD die Fotos selbst nicht abgedruckt, doch könnten sich viele Leser - speziell durch den Hinweis "mit ein paar Klicks kann jeder die Dateien sehen" - veranlasst sehen, selbst nach ihnen zu suchen. Als Opfer einer vorangegangenen Straftat sei Meyer-Landrut darüber hinaus besonders schutzwürdig.
Medienrechtlicher Schutz für Popstar
Den Einwand von BILD – die Sängerin zeige sich in der Öffentlichkeit gerne freizügig - ließen die Richter ebenfalls nicht gelten. Bei den von der Sängerin selbst hochgeladenen Bildern auf Internetplattformen handele es sich um Bilder, die sie "durchweg in Bekleidungen und Posen, die in der Öffentlichkeit üblich sind" zeige. Mit den unfreiwillig ins Netz gestellten Nacktfotos sind diese damit nicht vergleichbar.
Damit habe im Ergebnis die Berichterstattung in unzulässiger Weise stattgefunden und damit die Persönlichkeitsrechte der Sängerin verletzt (Urteil. v. 30.04.2019, Az. VI ZR 360/18). Der BGH stellt sich damit in seiner medienrechtlichen Entscheidung auf die Seite der Sängerin.
Weitere Informationen zum Thema Medienrecht finden Sie auch unter: https://www.rosepartner.de/medienrecht.html