ARBEITSRECHT
Kündigungsschutzklage scheitert am Schriftsatz-Format
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
zuletzt bearbeitet am:
- Docx-Datei ist bei Gericht formunwirksam
- Kündigungsschutzklage gegen Insolvenzverwalter & Arbeitgeber
- Kündigungsschutzklage im Word-Format wird abgelehnt
- Rechtfertigung durch Probleme mit beA?
- Glaubhaftmachung der technischen Störung erfolgte zu spät…
- Heilung des Formmangels der Kündigungsschutzklage?
- Formmangel kann Kündigungsschutz zum Verhängnis werden
Docx-Datei ist bei Gericht formunwirksam
Eine gekündigte Mitarbeiterin wollte mittels Kündigungsschutzklage gegen ihre Kündigung vorgehen. Aber bis zum eigentlichen Gerichtsverfahren kam es gar nicht erst. Als ihr Anwalt die Klage bei Gericht einreichte, befand sich der Schriftsatz noch im docx-Format. Dieses Format ist für eine Bearbeitung durch das Gericht nicht geeignet, weshalb die Kündigungsschutzklage bereits aufgrund eines Formfehlers scheitern sollte.
Der Konflikt zwischen Mitarbeiterin, Arbeitgeberin und dem Insolvenzverwalter ihrer alten Firma zog bis vor das Bundesarbeitsgericht. Dort sollte final über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage entschieden werden (BAG, Urteil vom 25.08.2022 – 6 AZR 499/21). Konnte die Klage noch nachträglich zugelassen werden?
Kündigungsschutzklage gegen Insolvenzverwalter & Arbeitgeber
Hintergrund der Kündigungsschutzklage war folgender: Über das Vermögen der vorherigen Arbeitgeberin der Angestellten wurde im Februar 2020 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Ende Februar erhielt die Arbeitnehmerin ihre Kündigung bis zum 31.05.2020 direkt vom Insolvenzverwalter. Anfang März des laufenden Jahres übernahm eine neue Arbeitgeberin die Geschäfte. Daraufhin wollte die ehemalige Angestellte gerichtlich gegen ihre Kündigung vorgehen.
Kündigungsschutzklage im Word-Format wird abgelehnt
Die Kündigungsschutzklage wurde am 17.03.2020 durch den Anwalt der Gekündigten beim Arbeitsgericht Lübeck eingereicht. Dort allerdings zunächst per Telefax, weil dem Anwalt zufolge Probleme mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) bestünden. § 46g ArbGG (Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Anwälte) galt zu diesem Zeitpunkt auch in Schleswig-Holstein.
Der Richter wies den Anwalt daraufhin, dass die Klage per Telefax unzulässig sein könnte, woraufhin Letzterer am 18.03.2022 – der letzte Tag der Klagefrist – den Schriftsatz erneut einreichte, diesmal allerdings im docx-Format. Laut Gericht hätte das Dokument jedoch als PDF eingereicht werden müssen. Dieser Formfehler konnte auch nicht durch zwei nachgereichte PDF-Dokumente am 27.03. und 31.03. geheilt werden, die ohnehin nicht fristgerecht eingereicht wurden.
Rechtfertigung durch Probleme mit beA?
Auf die Probleme mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) hat der Jurist erst in seinem letzten Schriftsatz vom 31.03. erneut hingewiesen. Diese versuchte er durch einen angefügten Screenshot der Webseite der Bundesrechtsanwaltskammer zu beweisen. Außerdem schlug er vor, einen Zeugen zu befragen, der die Probleme bestätigen könnte.
Damit konnte er allerdings weder die Richter des Arbeitsgerichts Lübeck noch des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein überzeugen. Vor beiden Gerichten scheiterte die Klage der gekündigten Mitarbeiterin.
Glaubhaftmachung der technischen Störung erfolgte zu spät…
Als der Fall schließlich in Erfurt behandelt wurde, schlossen sich die Erfurter Richter den Urteilen ihrer Vorgänger an. Auch die Revision der Mitarbeiterin wurde abgelehnt. Im Ergebnis stehe somit fest, dass die Kündigung der Arbeitnehmerin vom 26.02.2020 nach § 7 Halbs. 1 KSchG als von Anfang an wirksam angesehen wird. Außerdem sei die Kündigungsschutzklage nie fristgerecht in formwirksamer Weise beim Arbeitsgericht eingegangen.
Somit sei weder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch die nachträgliche Zulassung der Klage möglich. Damit eine wirksame Ersatzeinreichung gem. § 46 S. 3 ArbGG möglich gewesen wäre, hätte der Anwalt die vorübergehende technische Störung des beA vom 17.03. rechtzeitig glaubhaft machen müssen. Dies sei hier nicht geschehen.
Heilung des Formmangels der Kündigungsschutzklage?
Im Ergebnis ist die Kündigungsschutzklage im Word-Format nicht formwirksam übermittelt worden und konnte daher nicht vom Gericht bearbeitet werden. Dasselbe gilt für Fälle, in denen das bei einem Gericht eingesetzte IT-System die Bearbeitung eines nicht den Formatvorgaben entsprechenden elektronischen Dokuments theoretisch möglich macht. Der Formmangel konnte auch durch erneute Einreichung der Klageschrift am 27.03. nicht geheilt werden, da der Jurist nicht glaubhaft gemacht habe, dass der Schriftsatz mit dem vom 18.03. inhaltlich übereinstimme.
Formmangel kann Kündigungsschutz zum Verhängnis werden
Eine Kündigungsschutzklage muss also grundsätzlich immer auf dem Wege der beA in PDF-Format bei Gericht eingereicht werden. Technische Störungen müssen unverzüglich glaubhaft gemacht werden, wenn eine Ersatzeinreichung vorgenommen wurde. Außerdem muss ein elektronisches Dokument nachgereicht werden, sobald dazu aufgefordert wird.
Ansonsten kann die Kündigungsschutzklage – wie hier – zum Leidwesen des Gekündigten allein wegen eines Formfehlers abgelehnt werden und der Arbeitnehmer hat keine Chance mehr, seinen Kündigungsschutz einzufordern.
Benötigen Sie rechtliche Beratung im Zusammenhang mit einer Kündigung, stehen Ihnen die Anwälte von ROSE & PARTNER, insbesondere unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht, grundsätzlich gerne zur Verfügung. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Webseite: https://www.rosepartner.de/arbeitsrecht/kuendigungsschutzklage.html