VERSICHERUNGSRECHT
Obliegenheitsverletzung in der Kfz-Kasko-Versicherung
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Versicherungsrecht
Informationen zum Sachverhalt:
Der Versicherungsnehmer hat gegen die beklagte Versicherung knapp 20.000,00 € aus der Kfz-Kasko-Versicherung eingeklagt. Er hat im Prozess den Nachweis erbracht, dass der versicherte Pkw in der Nacht vom 20. auf den 21. November 2000 in Bratislava gestohlen wurde. Im Prozess hatte die beklagte Versicherung weiterhin geltend gemacht, dass sie wegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers leistungsfrei geworden sei. In der Tat hatte der Kläger zunächst in der Schadensmeldung den Kaufpreis um knapp 14.000,00 DM zu hoch angegeben und im Schadensanmeldungsformular fälschlicherweise das Kreuzchen bei „fehlende Vorschäden“ gemacht.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg:
Der für Versicherungsfragen zuständige 1. Zivilsenat ist zunächst davon ausgegangen, dass der Versicherungsnehmer bei der Schadensmeldung bezüglich des Kaufpreises und wegen angeblich fehlender Vorschäden falsche Angaben getätigt hat. Der Versicherungsnehmer konnte auch die gesetzliche Vermutung des § 6 Abs. 3 VVG, dass er diese Falschangaben vorsätzlich getätigt hat, nicht widerlegen. Die Falschangaben waren daher nach Meinung des Senats generell geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, so dass eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers vorlag.
Nach Ansicht des Senats fehlte es jedoch ausnahmsweise deshalb am erforderlichen erheblichen Verschulden des Versicherungsnehmers, weil er seine Falschangaben unverzüglich und aus eigenem Antrieb berichtigt hatte. Sein Verschulden sei daher als gering anzusehen. Die überhöhte Angabe hinsichtlich des Kaufpreises hat der Versicherungsnehmer damit erklärt, dass er in den Kaufpreis nachträgliche wertsteigernde Zusatzanschaffungen (Hardtop und CD-Wechselanlage) eingerechnet hatte. Das Ankreuzen nicht vorliegender Vorschäden hat der Versicherungsnehmer schlicht als Irrtum dargestellt. Wegen der nachträglichen, unverzüglichen und aus eigenem Antrieb erfolgten Berichtigung der Falschangaben sieht der Senat das Verschulden des Versicherungsnehmers jedoch so gemindert, dass die Obliegenheitsverletzung nicht zum Haftungsausschluss des Versicherers geführt hat.
Entscheidung vom 9. Januar 2003, Az.: 1 U 85/02 1. Instanz: 13 O 605/01 Landgericht Hof
§ 6 VVG lautet auszugsweise:
I...
II...
III. Ist die Leistungsfreiheit für den Fall vereinbart, dass eine Obliegenheit verletzt wird, die nach dem Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherer gegenüber zu erfüllen ist, so tritt die vereinbarte Rechtsfolge nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.
Bei grob fahrlässiger Verletzung bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung Einfluss weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegende Leistung gehabt hat.