ARBEITSRECHT
Abfindung im Arbeitsrecht: Informationen zu Steuern, Sozialversicherung und Arbeitslosengeld
Autor: Roland Sudmann - Rechtsanwalt
Abfindung und Steuer
Für Abfindungen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, gibt es keine Steuerfreibeträge mehr. Der Gesetzgeber hat sie abgeschafft. Die Altregelung gemäß § 3 Nr. 9 Einkommensteuergesetz, die Steuerfreibeträge vorsah, gilt nur noch übergangsweise für vor dem 01.01.2006 entstandene Ansprüche auf Abfindung bzw. vor dem 01.01.2006 getroffene entsprechende Gerichtsentscheidungen; bei einer am 31.12.2005 anhängigen Klage können noch die Steuerfreibeträge nach der Altregelung geltend gemacht werden, aber nur, wenn die Abfindung dem Arbeitnehmer bis zum 01.01.2008 zufloss (§ 52 Abs. 4 a Einkommensteuergesetz).
Nach wie vor möglich ist jedoch die Steuerermäßigung der Abfindung. Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber veranlasst war. Dies ist bei einer Arbeitgeberkündigung unproblematisch. Endet das Arbeitsverhältnis auf Grund eines Aufhebungsvertrages, sollte die arbeitgeberseitige Veranlassung im Vertrag ausdrücklich aufgeführt werden. Wird die Abfindung in Raten gezahlt, gilt die Steuerermäßigung grundsätzlich nur, wenn alle Zahlungen mindestens in einem Kalenderjahr zufließen (Zusammenballungsprinzip).
Die Steuerermäßigung erfolgt durch die sog. Fünftelungsregelung. Das bedeutet, dass die Steuer so berechnet wird, als sei die Abfindung verteilt auf fünf Jahre zugeflossen. Je niedriger sich der Arbeitnehmer in der Progression befindet, desto günstiger wirkt sich die Regelung für ihn aus. Der steuerlich ermäßigende Effekt der Fünftelungsregelung nimmt mit steigendem Einkommen ab (Ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von ca. 55.000,00 € bei Alleinstehenden und ca. 110.000,00 € bei Verheirateten gibt es praktisch keine Steuervorteile mehr).
Abfindung und Sozialversicherung
Für Abfindungen müssen keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden.
Dies gilt freilich nur, soweit es sich um eine „echte“ Abfindung handelt. Wird dagegen Arbeitsvergütung, die dem Arbeitnehmer für einen Zeitraum bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustand, als „Abfindung“ ausgezahlt, so handelt es sich nur um eine Scheinabfindung, für die selbstverständlich Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen sind.
Abfindung und Arbeitslosengeld
Eine Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld darf die Bundesagentur für Arbeit nur vornehmen, wenn die für den Arbeitgeber geltende ordentliche Kündigungsfrist bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht eingehalten wurde. Auf Grund einer Arbeitgeberkündigung darf das Arbeitsverhältnis also erst nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist enden, bei einem Aufhebungsvertrag muss zwischen dem Tag des Abschlusses (Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag) und dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Zeitspanne liegen, die der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht.
Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist beendet, kommt es zu einer Anrechnung der Abfindung, was zur Folge hat, dass der Arbeitslosengeldanspruch grundsätzlich so lange ruht, bis die Zeitspanne, die der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht, abgelaufen ist. Der genaue Ruhenszeitraum ist abhängig vom Lebensalter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Wenn der Arbeitgeber ordentlich gar nicht kündigen darf (tarifliche oder vertragliche Unkündbarkeit) geht das Gesetz von einer fiktiven Kündigungsfrist von 18 Monaten aus (§ 143 a Sozialgesetzbuch III). Der Arbeitslosengeldanspruch darf jedoch höchstens 1 Jahr seit dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ruhen (§ 143 a Abs. 2 Sozialgesetzbuch III).
Abfindung und Sperrzeit für Anspruch auf Arbeitslosengeld
Sperrzeit bedeutet, dass der Arbeitnehmer im Falle der Arbeitslosigkeit für einen Zeitraum von grundsätzlich 12 Wochen kein Arbeitslosengeld erhält. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldanspruchs verkürzt sich sogar um ein Viertel der Anspruchsdauer (bei 12 Monaten Anspruch auf Arbeitslosengeld also auf 9 Monate). Erkrankt der Arbeitslose während der Sperrzeit, ruht auch sein Anspruch auf Krankengeld (§ 49 Nr. 3 Sozialgesetzbuch V). Während des ersten Monats der Sperrzeit besteht aber Anspruch auf die Sachleistungen der Krankenversicherung.
Danach muss sich der Arbeitslose freiwillig krankenversichern. In der Rentenversicherung wird ein Monat der Sperrzeit nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt.
1.
Gemäß § 144 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch III erhält der Arbeitnehmer eine Sperrzeit, wenn das Arbeitsverhältnis auf Grund vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers, also z. B. bei einer verhaltensbedingten Kündigung, oder bei einem Aufhebungsvertrag, der wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers abgeschlossen wurde, endet.
Darüber hinaus erhält der Arbeitnehmer auch dann eine Sperrzeit, wenn er das Vertragsverhältnis selbst gekündigt hat, ohne einen wichtigen Grund hierfür zu haben.
2.
Bei einem Aufhebungsvertrag – Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung - tritt grundsätzlich eine Sperrzeit ein, es sei denn, der Arbeitnehmer hatte einen wichtigen Grund. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowie nach den Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit liegt ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages dann vor, wenn
• dem Arbeitnehmer (auch ohne den Aufhebungsvertrag) zum gleichen Beendigungszeitpunkt eine sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Ar-beitgeberkündigung gedroht hat
• das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt endet, mit dem die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten ist und die drohende Arbeitgeberkündigung ebenfalls die Kündigungsfrist eingehalten hätte
• und eine Abfindung von mindestens 0,25 bis höchstens 0,5 Monatsge-hältern pro Beschäftigungsjahr an den Arbeitnehmer gezahlt wird.
Liegen diese Voraussetzungen vor, erhält der Arbeitnehmer keine Sperrzeit.
Erhält der Arbeitnehmer eine geringere oder eine höhere Abfindung als 0,25 bis 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr, wird die Sperrzeit nur dann vermieden, wenn die drohende Arbeitgeberkündigung sozial gerechtfertigt gewesen wäre, was die Bundesagentur prüft (BSG 12.07.2006 NZA2006,1359 ; Durchführungsanweisung der Bundesagentur zu § 144 SGB III 144.97).
Wäre allerdings die angedrohte ordentliche Kündigung offensichtlich rechtswidrig gewesen, weil der Arbeitnehmer auf Grund Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag unkündbar war, ist mit einer Sperrzeit zu rechnen.
Keine Sperrzeit erhält der Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf die Höhe der Abfindung, wenn sie im Zusammenhang mit einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung gezahlt wird und der Abfindungsbetrag durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Sozialplan festgelegt ist (Rundschreiben der Bundesagentur IV/70 vom 14.08.2006).
3.
Bei einem Abwicklungsvertrag (Ausscheidensvereinbarung nach Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung) gilt grundsätzlich das Gleiche: Ein wichtiger Grund, der die Sperrzeit ausschließt, liegt hier dann vor,
• wenn bei einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung
• die Kündigungsfrist eingehalten wurde
• eine Abfindung von 0,25 bis zu 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr gezahlt wird
• und die Kündigung nicht offensichtlich rechtswidrig ist.
Erhält der Arbeitnehmer eine niedrigere oder höhere Abfindung, wird die Sperrzeit nur dann vermieden, wenn die betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers im Falle der Durchführung des Kündigungsschutzverfahrens beim Arbeitsgericht sozial gerechtfertigt gewesen wäre, was die Bundesagentur dann prüft (Durchführungsanweisungen 144.109 und 144.110).
4.
Keine Sperrzeit erhält der Arbeitnehmer auch dann, wenn der Arbeitgeber be-triebsbedingt kündigt und im Kündigungsschreiben auf die betriebsbedingten Gründe verweist und die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr für den Fall verspricht, dass der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt (§ 1 a KSchG; Durchführungsanweisung 144.140).
5.
Endet das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung auf Grund eines Vergleichs beim Arbeitsgericht im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens, erhält der Arbeitnehmer keine Sperrzeit, wenn es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelte und die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wurde. Dies gilt selbst dann, wenn die Abfindung höher ist als 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr.
Dies gilt nur dann nicht, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber vorher die Arbeit-geberkündigung mit anschließender Klage vor dem Arbeitsgericht abgesprochen hatten mit dem Ziel, den Eintritt einer Sperrzeit zu verhindern (Bundessozialgericht vom 17.10.2007, B 11 a AL 51/06 R und Durchführungsanweisung 144.19).
6.
Ein wichtiger Grund, der eine Sperrzeit ausschließt, liegt auch dann vor, wenn es dem Arbeitnehmer nicht mehr zumutbar war, das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Arbeit fortzusetzen; hier kann ein ärztliches Attest helfen. Auch in Mobbing-Fällen kann ein wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben sein.
Autor:
Rechtsanwalt R. Sudmann
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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