ADOPTIONSRECHT
Adoption bei Leihmutterschaft doch möglich?
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
Das OLG München stärkt die Rechte genetischer Eltern bei Leihmutterschaft im Ausland.
Das Thema Leihmutterschaft wird weiter kontrovers diskutiert. Während sich die Politik in Schweigen hüllt und eine gesetzliche Regelung weiter auf sich warten lässt, wird es vermehrt zur Aufgabe der Rechtsprechung, auch diesen gesellschaftlichen Konflikt zu entscheiden.
Leihmutterschaft im deutschen Familienrecht
Rechtlich gesehen ist die Leihmutterschaft in Deutschland eigentlich verboten. Nach dem deutschen Familienrecht ist diejenige Frau, die das Kind zur Welt bringt, seine Mutter – im Falle der Leihmutterschaft also die Leihmutter. Auf die biologische Abstammung kommt es insofern nicht an.
Das erschwert eine privat angebändelte Leihmutterschaft in Deutschland. Denn die genetische Mutter hat im Zweifel, wenn die Leihmutter es sich anders überlegt, (anders als der genetische Vater) keinerlei Rechte. Im umgekehrten Fall kann es der Leihmutter passieren, dass sie auf einem nicht gewünschten und genetisch nicht eigenen Kind "sitzen bleibt", wenn die Eltern es sich anders überlegen. Zivilrechtliche Absprachen über eine Leihmutterschaft sind in unserer Rechtsordnung bisher sittenwidrig und damit ungültig.
Grundrechte der Kinder schützen
Die Oberlandesgerichte neigen neuerdings aber dazu, die Adoption auch im Falle einer Leihmutterschaft zuzulassen und erleichtern so jedenfalls die Flucht ins Ausland. Hintergrund des Richtungswechsels ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2014. Darin hatte der oberste Gerichtshof die Entscheidung eines US-Gerichts anerkannt, das einem homosexuellen Pärchen die Elternschaft eines in Leihmutterschaft ausgetragenen Kindes zusprach.
In dem Urteil entschied der Bundesgerichtshof, dass die betroffenen Grundrechte des Kindes aus dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen seien. Das Kind hätte einen Anspruch darauf, zwei Elternteile zu haben. Aufgrund des gültigen US-Urteils habe es aber nach amerikanischem Recht dort keine Mutter.
Adoption durch homosexuelles Paar
In Anlehnung an die Argumentation des Gerichtshofes akzeptieren die Oberlandesgerichte nun vermehrt auch Adoptionen im Inland im Falle der ausländischen Leihmutterschaft. So folgte nun das OLG München der Linie des OLG Düsseldorf, das bereits 2017 eine solche Adoption ermöglicht hatte.
Im Münchener Fall ging es um die Adoption eines Kindes durch ein homosexuelles Paar nach einer Leihmutterschaft in der Ukraine. Die genetische Mutter des Kindes ist eine Eizellenspenderin, der genetische Vater der Ehemann des Annehmenden.
Kindeswohl entscheidet
Die Richter des OLG München urteilten, dass eine Leihmutterschaft zwar gegen inländisches Recht verstoße – die Verbringung des Kindes ins Inland allerdings nicht. Relevant sei für die Adoption einzig und allein das Kindeswohl. Generalpräventive Erwägungen dahingehend, dass man die Beauftragung einer Leihmutter im Ausland erschweren wolle und deshalb höhere Voraussetzungen an die Adoption stellt, dürften nicht zum Nachteil des einmal geborenen Kindes gereicht werden.
Dabei auch zu berücksichtigen, dass die Leihmutter nach ukrainischem Recht nicht die Mutter des Kindes ist. Die Adoption fördere daher das Kindeswohl, weil eine verlässliche rechtliche Zuordnung des Kindes zu zwei Elternteilen erfolge. Höhere Voraussetzungen, etwa dass die Adoption für das Kindeswohl erforderlich sei, gelten nach obigen Ausführungen daher nicht.
Der Entscheidung der Gerichte ist beizupflichten. Ob man nun für oder gegen die Leihmutterschaft ist – eine Austragung des Konflikts auf dem Rücken betroffener Kinder muss auf jeden Fall verhindert werden. Nur weil die politisch Verantwortlichen eine Entscheidung scheuen, darf dies unter keinen Umständen zu Risiken für Neugeborene führen.