FAMILIENRECHT
Die Ehe für alle – was sich im Familienrecht nun ändert
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
Ein jahrzehntelanger Kampf wird ab dem 01.10.2017 beendet sein: Dann tritt die Gesetzesänderung im Familienrecht in Kraft, die es ermöglicht, dass Schwule und Lesben heiraten und damit die gleichen Rechte wie Hetero-Paare erhalten.
Was wird sich in Zukunft alles ändern?
Neugestaltete Rechtslage
Ab Oktober 2017 wird es die lang ersehnte Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches geben, wonach eine Ehe nicht nur zwischen zwei Personen verschiedenen, sondern auch gleichen Geschlechts auf Lebzeiten geschlossen werden kann. Bisher konnten gleichgeschlechtliche Beziehungen in Deutschland nur als sogenannte Lebenspartnerschaften offiziell eingetragen werden. Mit diesem ersten Schritt der Gleichstellung im Jahr 2001 wurden in der Folgezeit viele Unterschiede in Bereichen wie dem Steuerrecht, Miet- und Erbrecht weitestgehend beseitigt. Die Ehe „light“ konnte dennoch nicht alle bestehenden Benachteiligungen aufheben.
Trotz Angleichungen bestanden familienrechtliche Nachteile weiter
Einige Unterschiede blieben auch in den letzten Jahren bestehen, wie das Recht, ein Kind zu adoptieren. Dies ist nach dem Gesetz nur einem verheirateten Paar möglich.
Auch gerade deshalb bedeutet die Öffnung der Ehe für viele homosexuelle Paare eine weitgehende Stärkung ihrer Rechte und eine Gleichstellung gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren.
Durch die Möglichkeit für homosexuelle Paare zu heiraten, öffnet sich schließlich auch das Einfallstor für eine Adoption. Erfüllen sie darüber hinaus auch noch die weiteren Voraussetzungen, steht einer Adoption nichts mehr im Weg. Eine gesonderte Änderung des Adoptionsrechts entfällt.
Wie erfolgt die Umwandlung in der Praxis?
Mit dem neuen Gesetz werden bisher eingetragene Lebenspartnerschaften aber nicht automatisch zur Ehe. Dafür bedarf es einer gemeinsamen Erklärung bei einem zuständigen Standesamt. Auch können nun keine neuen eingetragenen Lebenspartnerschaften mehr geschlossen werden. Die „Ehe für alle“ löst im Familienrecht also auch gewissermaßen das Konstrukt der Ehe „light“ ab. Bereits bestehende Lebenspartnerschaften bleiben zwar eingetragen, wenn sie nicht in eine Ehe „umgewandelt“ werden sollen. Paare können aber sich in Zukunft aber nur noch für die Ehe entscheiden. Damit kommen in Zukunft keine neuen Lebenspartnerschaften hinzu.
Trotz der ca. 43.000 derzeit in Deutschland eingetragenen Lebenspartnerschaften, wird ein Ansturm auf die Standesämter von Seite der Behörden nicht erwartet. Bisher habe es zwar schon eine hohe Zahl von Anmeldungen und Ummeldungen gegeben, von einem Ansturm wollen die meisten Standesämter trotzdem nicht sprechen.
Gesetzgebung über´s Knie gebrochen?
Kritik an dem Gesetz gibt es vor allem mit Blick auf den Verwaltungsaufwand. So ist eine vollständige Erfassung der gleichgeschlechtlichen Ehen im sogenannten Eheregister erst ab November 2018 möglich. Bis dahin sollen zwar neu gegründete Ehen eingetragen werden können, allerdings ist das System dann noch nicht auf die neue gleichgeschlechtliche Konstellation eingestellt. Die Eheleute müssen dann noch unter den bisherigen Bezeichnungen „Ehemann“ und „Ehefrau“ gelistet werden. Zunächst wird dann also einer der beiden an falscher Stelle einsortiert.
Gerade deshalb gibt es viel Kritik, dass das Gesetz zu vorschnell und ohne annehmbare Vorlaufzeit umgesetzt worden sei. Mit einer besseren Vorbereitung und Zeit im Vorfeld des Gesetzes wären die Probleme mit dem Eheregister nicht eingetreten, bemängeln die Kritiker.
Viele fragen sich daher, warum das Gesetz nun doch so plötzlich kam?
Merkel macht Ehe für alle zur Wahltaktik
Den Grundstein für die Gesetzesänderung legte Angela Merkel Ende Juni 2017. Sie rückte plötzlich von einem klaren Nein der CDU in der Frage der Öffnung der Ehe ab. Vielmehr erklärte sie die Frage nunmehr als „Gewissensentscheidung“.
Diese Wende öffnete letztlich den Weg, um im Bundestag eine Abstimmung herbeizuführen. Kurz darauf stimmte eine Mehrheit im Bundestag für eine Öffnung der Ehe.
Der plötzliche „Sinneswandel“ von Merkel wird, mit Blick auf die Bundestagswahlen einige Monate später, wohl mehr einen politischen als einen persönlichen Hintergrund haben.
Die CDU musste sich überlegen, welche Interessen ihre Wählergemeinschaft vertreten. Schließlich wollte sie sich im Wahlkampf als die „Partei der Mitte“ aufstellen.
Wer aber die Mitte der Gesellschaft repräsentieren möchte, muss sich eben auch liberale Stimmen aus der Bevölkerung anhören. Wohl entgegen der Vorstellung der Kanzlerin selbst, war damit eine Öffnung der Ehe unausweichlich – sehr zur Freude vieler zukünftiger Ehepaare.
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