INTERNETRECHT
Keine Vorsorgepflicht gegen Hasskommentare
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
Eine Pflicht von Facebook, die Foren nach Hetzkommentaren aktiv zu durchsuchen, verneint jetzt das Landgericht Würzburg, sofern es keinen Hinweis von Benutzern gibt.
In der Auseinandersetzung um die Überwachungspflichten der sozialen Netzwerke wie Facebook und Co. urteilt jetzt das Landgericht Würzburg zugunsten der Netzwerkbetreiber. Eine allgemeine Pflicht, solche ohne Anlass oder Hinweis aufzuspüren, treffe sie nicht.
Ein folgenreiches Selfie
Der Kläger ist ein Flüchtling aus Syrien. Ein Foto von ihm und der Bundeskanzlerin Angela Merkel, das im Internet zu kursieren begonnen hatte, wurde von Unbekannten in einer Fotocollage verwendet. Darauf zu sehen: Das Selfie mit Merkel auf der einen, das Bild eines Terroristen des Islamischen Staates (IS) auf der anderen Seite. Die Collage verbreitet sich wie ein Lauffeuer im Internet.
Monate später ist der Kläger immer noch täglich damit beschäftigt, neue Versionen der Collage aufzutreiben und Facebook zur Löschung zu melden. Dagegen wehrte er sich und klagte gegen Facebook.
Fremde Inhalte – nicht mein Bier!
Der Richter aber lehnte jedenfalls den Antrag des Klägers auf einstweilige Anordnung ab. An der für die Stattgabe eines solchen Eilantrages nötigen Eindeutigkeit fehle es hier. Vielmehr habe ja nicht Facebook selbst gegen das Persönlichkeitsrecht des Klägers verstoßen. Für Facebook sei die Fotocollage ein sogenannter „fremder Inhalt“. Solche müsse er aber erst löschen, wenn er davon Kenntnis erlange. Etwa durch eine Meldung.
Zwar sei eine Ausnahme von dieser Regel möglich, wenn es sich um besonders schwerwiegende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht handele. Dieses sei immerhin grundgesetzlich geschützt und habe einen hohen Stellenwert inne. Das müsse aber anhand einer Einzelfallentscheidung überprüft werden und nicht in einem Eilverfahren. Nötig sei zum Beispiel ein Gutachten, wie viel technischer Aufwand die Überprüfung für Facebook tatsächlich darstellen würde.
Facebook zittert weiter
Die Betreiber von Facebook haben damit die Gefahr erst einmal gebannt. Sie fürchten einen Präzedenzfall. Facebook hat weltweit über 1,65 Milliarden Nutzer. Wenn jeder von ihnen verlangen könnte, Facebook solle eventuellen Rechtsverletzungen selbstständig vorbeugen, könnte das den Konzern an seine technischen Grenzen führen. Denn die täglich produzierte Datenmenge ist enorm groß.
Auch von anderer Seite drohen Rechtspflichten: Die Politik, allen voran Justizminister Maas, hat es sich auf die Fahnen geschrieben, den Hetzkommentaren im Internet Herr zu werden. Dazu soll in Zukunft auch eine Inanspruchnahme von Facebook gehören, so der Minister. Wie genau das aussehen soll, steht – wie so häufig in der Politik – aber noch in den Sternen.