IMMOBILIENRECHT
Mängelbeseitigung bei Immobilien muss verhältnismäßig sein
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Karlsruhe (jur). Immobilienverkäufer müssen für die Beseitigung von Mängeln keine unverhältnismäßig hohen Kosten tragen. Das hat am Freitag, 4. April 2014, der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az.: V ZR 275/12). Anhaltspunkte für eine Grenze gaben die Karlsruher Richter dabei aber nur für erkannte Mängel mit prognostizierbaren Kosten. Die Grenze könnte dann beim Doppelten der durch den Mangel bedingten Wertminderung liegen.
Konkret ging es um ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück in Berlin. Nach der Übergabe stellte die Käuferin fest, dass der Dachstuhl mit echtem Hausschwamm befallen war. Eine erste Sanierung kostete 90.000 Euro, was die Verkäufer bezahlten. Später entdeckte die Käuferin weitere und immer wieder neue Befallstellen. Insgesamt gab sie für mehrere Sanierungen fast 640.000 Euro aus, etwas mehr als der auf gut 600.000 Euro geschätzte Verkehrswert des Grundstücks.
Die Verkäufer wollten das alles nicht bezahlen. Die Sanierungskosten seien unverhältnismäßig hoch. Üblich sei die Mängelhaftung auf die durch den Mangel entstandene Wertminderung begrenzt – hier etwa 100.000 Euro.
Wegen der Besonderheiten von Immobilien gilt diese Regel hier aber nicht. „Bei Grundstückskaufverträgen kann als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, wenn sie entweder den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200 Prozent des mangelbedingten Minderwerts übersteigen“, erklärten die Karlsruher Richter.
Dieser „erste Anhaltspunkt“ gilt allerdings nicht absolut. Nach dem Karlsruher Urteil bezieht er sich zunächst auf den absehbaren und prognostizierbaren Schaden. Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass der Schaden größer oder die Kosten höher sind, kommt es laut BGH darauf an, ob „ein wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung der bereits angefallenen Kosten nicht fortführen würde oder fortgeführt hätte“.
Das „Prognoserisiko“ liegt laut BGH beim Verkäufer. Als Konsequenz ist daher zumindest theoretisch die Haftung in der Gesamtsumme nicht begrenzt, wenn sich immer neue Mängel ergeben, deren Beseitigung im jeweiligen Einzelfall nicht unverhältnismäßig erscheint.
Den konkreten Streit soll danach nun das Landgericht Berlin nochmals prüfen. Dabei könnte es auch um die Frage gehen, ob „ein wirtschaftlich denkender Käufer“ nach dem zweiten oder dritten festgestellten Schwammschaden nicht vielleicht zunächst das ganze Haus systematisch hätte untersuchen lassen, ehe er die weitere Sanierung betreibt.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage