STEUERRECHT
Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug bei auch bei Briefkastenadresse
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
Eine Briefkastenfirma muss nicht immer nur in Panama oder anderen (zumeist) warmen Gefilden sitzen, auch in Deutschland oder im europäischen Ausland existieren jede Menge Briefkastenfirmen. Eine Briefkastenfirma ist auch nicht per se mit kriminellen Hintergründen zu verbinden oder illegal.
Vielmehr macht die zunehmende Digitalisierung in vielen Branchen es auch gar nicht mehr erforderlich ein eigentliches Büro vorzuhalten, sondern es wird von vielen Orten aus gearbeitet. Der Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit kann bei diesen Geschäftsmodellen oft auch gar nicht mehr bestimmt werden.
Strenge Vorschriften bei der Umsatzsteuer
Gerade beim Vorsteuerabzug aus Rechnungen ist das Steuerrecht sehr formal. Sind die Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße Rechnung nicht gegeben, dann kann aus der Rechnung die Vorsteuer nicht gezogen werden.
Garde auch im Zusammenhang mit Steuerfahndungsprüfungen stellte sich die Finanzämter auf den Standpunkt, dass bei einer Briefkastenfirma ein Vorsteuerabzug nicht zu gewähren sei, da die Adresse des Leistenden der Ort sein muss, wo der leistendes seine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt.
Auch der Bundesfinanzgerichthof war man der zumindest im V. Senat der Auffassung, dass für eine vollständige Anschrift im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) erforderlich ist, dass es sich um den Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit des leistenden Unternehmen handeln muss. Der XI. Senat des BFH hielt dagegen auch eine Briefkastenadresse für ausreichend. Beide Senate hatten sich im April 2016 mit einem sog. Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof gerichtet um eine Entscheidung darüber zu erlangen, ob die Mehrwertsteuerrichtlinie für die vollständige Adresse verlangt, dass es sich den Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit handelt.
Aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Im November 2017 urteilte der Europäische Gerichtshof nunmehr, dass in einer Rechnung als Anschrift des Leistenden nicht der Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit angegeben werden muss. Den Anforderungen ist genügt, wenn das leistende Unternehmen unter der Adresse postalisch erreichbar ist. Die sichere Identifikation des leistenden Unternehmen wird durch die Umsatzsteueridentifikationsnummer gewährleistet, welche nur im Rahmen eines strengen Registrierungsverfahren zugeteilt würde.
Damit wird der durch die deutsche Rechtsprechung so betonten formale Kriterien bei den Rechnungen zum Vorsteuerabzug wieder einmal zurückgedrängt.
Finanzämter müssen ihre Praxis anpassen
Auch ist den Finanzämter gerade auch in Steuerfahndungsprüfungen nunmehr der leichte Weg genommen den Vorsteuerabzug zu streichen, nur weil feststeht dass es sich beim der Adresse des Rechnungsausstellers um eine Briefkastenfirma handelt.
Der EuGH betonte in seiner Entscheidung auch noch einmal, dass der Vorsteuerabzug auch dann zu gewähren sei, wenn es sich bei dem leistenden Unternehmen um eine „Scheinfirma“ (link) handelt aber der Leistungsempfänger gutgläubig gehandelt hatte.
Beide Verfahren vor dem Bundesfinanzgerichtshof betrafen übrigens Kfz-Händler. Gerade im KFZ-Handel ist die Finanzverwaltung schnell dabei den Vorsteuerabzug oder die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen zu streichen, wenn Ermittlungen ergeben haben, dass eine Scheinfirma Rechnungsaussteller oder Empfänger der KFZ waren.
Mehr Informationen zum Recht der Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer und Vorsteuer finden Sie auf der Internetseite der Kanzlei ROSE & PARTNER LLP: Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer, Vorsteuer