INTERNETRECHT
Bedeutung des BGH-Urteils vom 14.05.2013 zur Zulässigkeit persönlichkeitsrechtsverletzender Suchvorschläge von "Google"
Autor: Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz Katrin Freihof - Rechtsanwältin
Der Bundesgerichtshof entschied in seinem Urteil vom 14.5.2013 (BGH VI ZR 269/12), dass der Betreiber einer Suchmaschine keine generelle Vorabprüfung jedweder Rechtsverletzungen vornehmen muss. Im konkreten Fall erschienen auf „google.de“ infolge der Eingabe des vollen Namens eines der Kläger die Suchergänzungsvorschläge „Scientology“ und „Betrug“. Hierin sah der Bundesgerichtshof eine Rechtsverletzung. Der Kläger konnte nachweisen, dass weder eine Beziehung zu Scientology noch ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges, geschweige denn eine Verurteilung, gegeben waren. Des Weiteren enthielt keiner der infolge der Suchanfrage ausgewiesenen Texte die von der Suchergänzungsfunktion vorgeschlagenen Wortkombinationen. Schlussendlich stellt der Bundesgerichtshof fest, dass den Betreiber einer Suchmaschine erst dann eine Prüfungspflicht trifft, wenn er von der Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat. Dann aber sei er verpflichtet, zukünftig derartige Rechtsverletzungen zu verhindern.
Welche Auswirkungen hat dieses Urteil für die Praxis? Im Ergebnis liefert das Urteil weniger Antworten als sich Fragen stellen. Wie muss ein Hinweis eines Betroffenen ausgestaltet sein, damit eine Prüfungspflicht des Betreibers begründet wird? Als kaum praktikabel dürfte es sich erweisen, wenn der Betreiber einer Suchmaschine jeglicher Erklärung, es läge eine Verletzung vor, nachgehen müsste. Problematisch ist zudem, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts nur anhand einer Abwägung der sich entgegenstehenden Interessen im Einzelfall feststellbar ist. Wer aber soll entscheiden, ob diese Abwägung zugunsten des Betroffenen ausfällt und wie die Wortkombination überhaupt zu deuten ist? Empfehlenswert erscheint es, auf alle nicht allzu fernliegenden Erklärungen einzugehen und eine Prüfung vorzunehmen. Für die Deutung sei auf den objektiven Sinn aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums abzustellen, d.h. wie erfasst der durchschnittliche Nutzer die Wortkombination? Eines lässt sich dem Urteil jedoch mit Sicherheit entnehmen. Wurde eine Verletzung festgestellt, so müssen weitere Verletzungen zukünftig in Bezug auf die konkrete Wortkombination innerhalb der Suchvorschläge verhindert werden. Dafür müssten Suchmaschinenbetreiber wie auch im Zusammenhang mit kinderpornografischen Inhalten auf Filterfunktionen zurückgreifen. Es sei an dieser Stelle erneut auf die Besonderheit des konkreten Falles hingewiesen, dass keine der vorgeschlagenen Wortkombinationen in den ausgewiesenen Texten tatsächlich auftauchte. Unklar ist, ob eine Rechtsverletzung durch Suchmaschinenbetreiber auch dann gegeben ist, wenn sich die Wortkombinationen in den ausgewiesenen Texten finden oder ob der Betroffene sich in diesem Fall zunächst an die die Texte veröffentlichenden Website-Betreiber wenden muss, bevor der Suchmaschinenbetreiber zur Unterlassung herangezogen werden darf.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Fragen anhand zukünftiger Urteile beantworten lassen.