SOZIALRECHT
Kein Autoschwenksitz für gehbehinderte Demenzpatientin
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Kassel (jur). Krankenkassen müssen für behinderte Menschen nur deren grundlegende Mobilitätsbedürfnisse im Nahbereich ihrer Wohnung sicherstellen. Die Finanzierung eines Autoschwenksitzes, welches die Mitfahrt in einem Auto und damit die soziale Kontaktpflege ermöglichen soll, muss die Krankenkasse dagegen nicht leisten, urteilte am Mittwoch, 25. Februar 2015, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 3 KR 13/13 R).
Damit scheiterte ein über 80 Jahre alter Mann aus dem Raum Münster mit seiner Klage vor den obersten Sozialrichtern. Er hatte seine schwer pflegebedürftige, gehbehinderte und an Demenz leidende, mittlerweile verstorbene Ehefrau tagtäglich gepflegt und beaufsichtigt. Bei Einkäufen, Arzt- und Klinikbesuchen wollte er seine Frau immer dabei haben. So sollte sie die Möglichkeit haben, unter Menschen zu kommen.
Da er wegen seines Alters seine Frau nicht mit dem Rollstuhl in die 1,2 Kilometer entfernte Innenstadt schieben konnte, beantragte er bei der AOK Nordwest die Kostenübernahme für einen 3.689 Euro teuren Autoschwenksitz. Auf diese Weise könne er seine Ehefrau in sein Auto verladen und sie nach Bedarf transportieren.
Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab. Sie müsse bei Versicherten nur deren Mobilitätsgrundbedürfnis im Nahbereich der Wohnung ausgleichen. Dieser liege nach der Rechtsprechung on einem Umkreis von 500 bis 1.000 Metern. Um die Mobilität der Ehefrau ausreichend zu gewährleisten, habe sie einen Rollstuhl finanziert bekommen. Dies sei ausreichend. Könne der Mann den Rollstuhl nicht schieben, hätte er eine elektrische Schiebehilfe beantragen können.
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen urteilte am 8. März 2013, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung für einen Autoschwenksitz nicht besteht (Az.: L 16 KR 267/12; JurAgentur-Meldung vom 15. August 2013). Denn diene der Transport vorwiegend dem Zweck, die demente und gehbehinderte Person während alltäglicher Erledigungen weiter beaufsichtigen zu können, müsse die Krankenkasse die Kosten für das Hilfsmittel nicht übernehmen.
Das BSG gab der Krankenkasse nun ebenfalls recht. Der Autoschwenksitz sei für die Deckung des Grundbedürfnisses der Mobilität nicht erforderlich gewesen. Die Krankenkassen seien grundsätzlich nicht dafür zuständig, die gesamten Mobilitätsbedürfnisse eines behinderten Menschen zu befriedigen. Lediglich dem Grundbedürfnis auf Mobilität im Nahbereich der Wohnung müsse Rechnung getragen werden. Dies sei hier durch den Rollstuhl gewährleistet gewesen.
Fahrten, die über den Nahbereich hinausgehen und die vor allem der sozialen Kontaktpflege dienen, müsse die Krankenkasse nicht ermöglichen. Für notwendige Transporte in eine Tagesklinik könne auch nicht verlangt werden, dass nur der Ehemann diese im eigenen Auto durchführt. Hier könne die Versicherte auf die Möglichkeit der Krankentransporte verwiesen werden.
Auch die Pflegekasse müsse nicht für den Autoschwenksitz aufkommen. Für Transporte in die Tagespflege sei die Pflegeeinrichtung beziehungsweise deren Fahrdienst zuständig.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage