SOZIALRECHT
Kein Unfallschutz bei privatem Angriff auf Pflegeperson
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LSG Potsdam: Weg zum Blutzuckermessgerät war nicht versichert. © Studio V Zwölf - stock.adobe.com
Potsdam (jur). Eine Pflegeperson steht bei einem tätlichen Angriff auf dem Weg zum Holen eines Blutzuckermessgerätes nicht automatisch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Erfolgt der Angriff des Täters allein wegen eines privaten, nicht mit der Pflegetätigkeit im Zusammenhang stehenden Streits, liegt kein versicherter Arbeitsunfall vor, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am Mittwoch, 15. November 2023, bekanntgegebenen, noch nicht rechtskräftigen Urteil (Az.: L 21 U 85/21).
Im konkreten Fall ging es um einen Angriff zweier Jugendlicher auf den in Berlin lebenden Kläger, der seinen Lebensgefährten pflegte. Bei dem Lebensgefährten bestand ein Pflegegrad 3 sowie ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus. Als der Kläger am 28. Mai 2018 nachts ein Blutzuckermessgerät für seinen pflegebedürftigen Partner aus dem Auto holen wollte, geriet er auf dem Weg dorthin mit zwei Jugendlichen in Streit. Er warf den Jugendlichen, die in einer betreuten Wohngemeinschaft leben, vor, den Fahrstuhl mit weißer Farbe verschmutzt zu haben.
Der Streit eskalierte, die Jugendlichen griffen den damals 28-jährigen Kläger an. Er erlitt einen Bruch des Jochbeins und des Oberkiefers sowie ein Schädelhirntrauma. Das Amtsgericht Tiergarten sprach die Jugendlichen wegen gefährlicher Körperverletzung beziehungsweise Körperverletzung schuldig.
Den Angriff wollte der Kläger von der Unfallkasse Berlin als Arbeitsunfall anerkannt haben. Er sei schließlich im Rahmen seiner versicherten Pflegetätigkeit, dem Holen des Blutzuckermessgerätes, Opfer eines Angriffs geworden.
Doch sowohl das Sozialgericht als auch das LSG urteilten, dass kein versicherter Arbeitsunfall vorgelegen habe. Zwar stünden nicht erwerbstätige Pflegepersonen unter Versicherungsschutz, stellte das LSG in seinem Urteil vom 9. November 2023 klar. Auch habe sich der Kläger auf einen grundsätzlich versicherten Betriebsweg befunden.
Der Angriff sei aber allein aus privaten Motiven erfolgt, hier der Streit um die Verschmutzung des Fahrstuhls. Auch in der Vergangenheit sei der Kläger immer wieder aus persönlichen Gründen mit den Jugendlichen aneinandergeraten. Für den persönlichen Konflikt müsse die Unfallkasse aber nicht einstehen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock