SOZIALRECHT
Kindererziehung ab dem 14. Lebensmonat reicht nicht für Mütterrente
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Berlin (jur). Haben Mütter ihr vor 1992 geborenes Kind erst ab dem 14. Lebensmonat erzogen, gehen sie bei der Mütterrente leer aus. Die gesetzlichen Vorschriften setzen für den Erhalt des Rentenzuschlags die Kindererziehung im 13. Lebensmonat voraus, entschied das Sozialgericht Berlin in einem am Freitag, 17. Juli 2015, bekanntgegebenen Urteil (Az.: S 17 R 473/15). Ungerechtigkeiten in Zusammenhang mit dieser gesetzlichen Stichtagsregelung müssen mit „Blick auf die allgemeine Praktikabilität der pauschalierenden Regelung in Kauf genommen werden“, so die Berliner Richter in ihrem Urteil vom 29. Juni 2015.
Die „Mütterrente“ ist Teil eines von der schwarz-roten Bundesregierung beschlossenen Rentenpaketes, welches zum 1. Juli 2014 in Kraft trat. Danach sollte die Erziehungsleistung von Müttern mehr honoriert werden. So können Mütter nun auch für jedes vor 1992 geborene Kind einen Rentenzuschlag beanspruchen. Pro Kind erhöht sich die Rente damit um monatlich 28,61 Euro in den alten und um 26,39 Euro in den neuen Bundesländern. Voraussetzung dafür ist, dass die Mutter das Kind im 13. Lebensmonat erzogen haben muss.
Die Klägerin, eine Hauswirtschafterin, hatte für ihren Sohn damit eine höhere Rente erhalten, nicht jedoch für ihre behinderte Adoptivtochter. Diese hatte sie erst im 14. Lebensmonat und damit einen Monat zu spät aufgenommen. Die gesetzlichen Vorschriften benachteilige sie unangemessen, meinte die Frau. Sie habe für die Erziehung ihrer behinderten Adoptivtochter extra ihren Beruf als Hauswirtschafterin aufgegeben.
Außerdem sei es damals nicht möglich gewesen, dass sie ein behindertes Adoptivkind eher hätte aufnehmen können. Die Vorschriften zur Mütterrente stellten daher eine unangemessene Benachteiligung für Adoptiveltern dar.
Die Berliner Sozialrichter räumten zwar ein, dass die Klägerin mit der Aufnahme des behinderten Kindes einen besonderen Beitrag geleistet habe. Das Gesetz honoriere die geleistete Kindererziehungszeit bei ihr aber nicht mit einer höheren Rente. Denn die Vorschriften seien eindeutig: Die Mütterrente könne nur beansprucht werden, wenn das Kind im 13. Lebensmonat erzogen wurde. Die Erziehung eines Kindes nur davor oder erst danach begründe keinen Anspruch auf den Rentenzuschlag.
Es handele sich hier um eine pauschale Regelung, die in Einzelfällen zu hinnehmbaren besonderen Härten führen könne. Der Gesetzgeber habe bei den pauschalen Regelungen einen weiten Gestaltungsspielraum. Verfassungsrechtliche Bedenken gebe es nicht.
Allein am Sozialgericht Berlin sind derzeit rund 5.750 Mütterrenten-Fälle anhängig, darunter auch Verfahren zur Frage, ob der Mütterrenten-Anspruch die Erziehung des Kindes in Deutschland voraussetzt.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage