SOZIALRECHT
Mängel im Asylverfahren stoppt Abschiebung nach Ungarn
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Bautzen (jur). Abschiebungen von Flüchtlingen nach Ungarn sind wegen gravierender Mängel im dortigen Asylsystem unzulässig. Asylsuchende müssen in Ungarn nicht nur mit Inhaftierung in den eigens eingerichteten Transitzonen rechnen, ihnen droht auch die Abschiebung nach Serbien, ohne dass ihr Asylantrag inhaltlich geprüft wird, entschied am Dienstag, 6. Juni 2017, das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen (Az.: 4 A 584/16.A).
Damit bekam ein irakischer Asylbewerber recht. Der Mann war über Serbien und Ungarn nach Deutschland geflohen und hatte hier einen Asylantrag gestellt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Antrag ab und wies darauf hin, dass der Mann bereits in Ungarn sicher gewesen sei und er dort hätte Asyl beantragen müssen. Ihm wurde daher die Abschiebung angedroht.
Doch das OVG stellte fest, dass das ungarische Asylsystem „systemische Mängel“ aufweise. Eine Abschiebung sei daher rechtswidrig. Es gebe bei der Durchführung von Asylverfahren in Ungarn mit der Möglichkeit der Inhaftierung von Flüchtlingen, der Einrichtung von nur nach Serbien hin geöffneten Transitzonen sowie aufgrund der rechtlichen Einschränkungen bei der Prüfung der Asylgründe und der rechtlichen Einordnung Serbiens als sicheren Drittstaat „erhebliche Defizite“.
Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die EU-Grundrechtecharta
Der Kläger müsse damit rechnen, dass er inhaftiert und er ohne nähere Prüfung seines Asylantrags nach Serbien abgeschoben wird. Eine Überstellung nach Ungarn würde daher gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die EU-Grundrechtecharta verstoßen.
Bereits am 14. März 2017 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geurteilt, dass die Internierung von Flüchtlingen in den sogenannten „Transitzonen“ die in der Menschenrechtskonvention verankerten Freiheitsrechte verletzt (Az.: 47287/15; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Die Straßburger Richter rügten, dass Ungarn Asylanträge nicht hinreichend individuell prüft und Flüchtlinge unzureichend über das Asylverfahren informiert.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage