SOZIALRECHT
Mindestbeitrag für Berufsgenossenschaften nur über die Satzung erlaubt
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Kassel (jur). Die Berufsgenossenschaften dürfen einen Mindestbeitrag nur aufgrund einer Satzungsregelung erheben. Denn ein Mindestbeitrag bedarf der Willensbildung in der Vertreterversammlung, wie das Bundessozialgericht (BSG) am 4. Dezember 2014 in Kassel entschied (Az.: B 2 U 11/13 R und B 2 U 16/13 R). Es verwarf damit eine Satzungsklausel der BG Bauwirtschaft, wonach der Vorstand über Mindestbeiträge entscheiden kann. Als Konsequenz müssen kleine Bauunternehmen den Mindestbeitrag bis auf weiteres nicht zahlen.
Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung werden allein von den Arbeitgebern gezahlt. Ihre Höhe richtet sich nach der sogenannten Gefahrklasse der jeweiligen Tätigkeit. Träger der Unfallversicherung sind die Berufsgenossenschaften. Ihr wichtigstes Organ, quasi das Parlament, ist die paritätisch mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzte Vertreterversammlung. Sie entscheidet unter anderem über die Satzung. Die laufenden Geschäfte leitet der Vorstand.
Die Satzung der BG Bauwirtschaft weist dem Vorstand auch die Festsetzung eines Mindestbeitrags zu. Er beträgt 100 Euro pro Jahr.
In beiden Streitfällen gab das BSG selbstständig arbeitenden Baukräften recht. Einer hatte 2009 nur Aushilfslöhne von 420 Euro gezahlt, der andere 2006 sogar nur 122 Euro. Die regulären Beiträge hätten 8,94 beziehungsweise 4,26 Euro betragen. In beiden Fällen erhob die BG Bauwirtschaft aber den Mindestbeitrag von 100 Euro.
Doch der Mindestbeitrag ist unwirksam, weil er nicht unmittelbar in der Satzung festgelegt wurde, urteilte das BSG. Danach ist die Festsetzung des Mindestbeitrags durch den Vorstand unzulässig und die Satzungsklausel, die dies vorsieht, ungültig.
Das Gesetz lasse eine Übertragung dieser Aufgabe auf den Vorstand nicht zu, erklärten die Kasseler Richter zur Begründung. Die Erhebung eines Mindestbeitrags setze immer eine Willensbildung in der Vertreterversammlung und eine entsprechende Satzungsregelung voraus.
Nach den Kasseler Urteilen müssen bauwirtschaftliche Kleinunternehmer den Mindestbeitrag nicht bezahlen, bis die BG Bauwirtschaft eine solche Satzungsregelung geschaffen hat.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage