ERBRECHT
„Tesemt“ auf Notizzettel stellt kein Testament dar
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Hamm (jur). Ein wirksames Testament muss „einen ernstlichen Testierwillen des Erblassers“ erkennen lassen. Bei kleinen Zetteln mit grob fehlerhafter Überschrift ist ein solcher Wille nicht feststellbar, wie das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Dienstag, 5. Januar 2016, bekanntgegebenen Beschluss entschied (Az.: 10 W 153/15).
Im entschiedenen Fall war die Erblasserin im Juli 2013 im Alter von 102 Jahren verstorben. Sie hatte eine kinderlose Tochter sowie einen 2009 verstorbenen Sohn mit vier Kindern.
Nach dem Tod ihrer Großmutter verlangten die Enkel deren Haus im ostwestfälischen Lübbecke für sich. Sie legten zwei Schriftstücke vor, die sie als wirksames Testament ansahen. Das eine war ein acht mal zehn Zentimeter großer ausgeschnittener Zettel. Er trug die Überschrift „Tesemt“, das Jahr 1986 und die Angabe „Haus: Das für H.“. H. war der Vorname des Sohnes. Ein mehrfach gefaltetes Pergamentpapier trug ähnliche Angaben.
Die Enkel argumentierten, ihre Großmutter habe das Haus dem Sohn vererben wollen. Nach dessen Tod träten sie nun gemeinsam dessen Erbe an.
Doch wie schon vor dem Amtsgericht Lübbecke bleib der Antrag auf einen entsprechenden Erbschein nun auch vor dem OLG Hamm ohne Erfolg. Es sei nicht ausreichend sicher, „dass es sich bei den beiden Schriftstücken um letztwillige Verfügungen der Erblasserin handelt“. Bloße entwürfe reichten nicht aus.
Erhebliche Zweifel am „ernstlichen Testierwillen“ hatte das OLG aus mehreren Gründen. So seien die vermeintlichen Testamente nicht auf einem vernünftigen Papier, sondern auf einem ausgeschnittenen Zettel und einem gefalteten Pergamentpapier notiert worden. Zudem enthalte die Überschrift „gravierende Schreibfehler“ und der Text keinen vollständigen Satz, obwohl die Verstorbene gut Deutsch gesprochen habe.
Ungewöhnlich sei zudem, dass es zwei Schriftstücke aus einem Jahr mit nahezu identischem Inhalt gebe. Sie seien in einer Schatulle mit zu großen Teilen unwichtigen unterlagen gefunden worden. Auch dies spreche beides dafür, dass es sich lediglich um „Vorüberlegungen oder Entwürfe“ handele, die die alte Frau dann schlicht vergessen habe.
Sollte es keinen weiteren Streit zwischen Enkeln und Tochter geben, tritt nach dem Hammer Beschluss vom 27. November 2015 nun die gesetzliche Erbfolge ein. Danach steht der Tochter eine Hälfte, den Enkeln als Nachfolger des verstorbenen Sohnes die andere Hälfte zu.
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