SCHADENSERSATZ UND SCHMERZENSGELD
Teurer Telefonterror
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Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Kurzfassung
Wer einen anderen mitten in der Nacht anruft, nur um ihn zu belästigen, riskiert ein saftiges Schmerzensgeld. Darüber hinaus läuft er Gefahr, wegen Körperverletzung sogar strafrechtlich belangt zu werden.
So geschehen in einem Fall, über dessen zivilrechtliche Folgen das Oberlandesgericht Nürnberg zu entscheiden hatte. Ein 57 Jahre alter Mann hatte das mit ihm verfeindete Nachbars-Ehepaar innerhalb eines Monats fünfmal aus dem Schlaf geklingelt. Kein einziges Mal gab er sich als Anrufer zu erkennen. Infolge der nächtlichen Störanrufe litten die Eheleute unter Schlafmangel und hatten tagsüber mit Übermüdung zu kämpfen. Erst durch eine Fangschaltung kam man dem Täter auf die Spur.
Sein Verhalten kam den Anrufer teuer zu stehen.
Im Strafverfahren entging er der drohenden Verurteilung wegen Körperverletzung nur deshalb, weil er freiwillig 1.050 DM an eine gemeinnützige Einrichtung zahlte.
Aber auch zivilrechtlich hatte das Ganze ein Nachspiel: Das Oberlandesgericht Nürnberg verurteilte ihn zusätzlich zur Zahlung von 750 DM Schmerzensgeld an jeden der beiden Ehegatten.
Hinzu kommen noch erhebliche Gerichts- und Anwaltskosten.
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Auszug aus den schriftlichen Urteilsgründen:
(Sachverhalt)
"Der Beklagte hat von Prozeßbeginn an eingeräumt, die Kläger (... im Laufe von vier Wochen ...) durch sechs Anrufe, davon fünf zur Nachtzeit (2.50 Uhr, 3.02 Uhr, 3.37 Uhr, 3.25 Uhr, 2.35 Uhr) belästigt zu haben. Durch die nächtlichen Störanrufe aus dem Schlaf gerissen, konnten die Kläger nach eigenen Angaben nicht mehr oder erst nach geraumer Zeit wieder einschlafen mit der Folge, daß sie tagsüber mit Übermüdung zu kämpfen hatten.
(Rechtsfolge)
Diese Folgen hat der Beklagte, wie die Anrufzeiten zeigen, nicht nur in Kauf genommen, sondern beabsichtigt. Seine Störanrufe waren durch nichts gerechtfertigt und wären auch nicht durch die angeblichen Provokationen der Kläger - unterstellt, sie träfen zu und wären beweisbar - zu entschuldigen gewesen. Durch sein Verhalten hat der Beklagte sowohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger als auch ihr Recht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit verletzt. Hierfür schuldet er den Klägern ein angemessenes Schmerzensgeld.
(Höhe des Anspruchs)
Ein Schmerzensgeld von noch 500 DM erscheint dem Senat erforderlich, aber auch ausreichend, um den Klägern Genugtuung und zugleich einen Ausgleich für ihre rechtswidrige Beeinträchtigung zu verschaffen. Dabei hat der Senat zugunsten des Beklagten berücksichtigt, daß er bereits vorprozessual je 250 DM an die Kläger sowie weitere 250 DM an eine gemeinnützige Einrichtung gezahlt, ferner daß er sich im Strafverfahren bereit erklärt hat, zusätzlich 800 DM als Geldbuße an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Die beiden letztgenannten Zahlungen, ebenso die bisher vom Beklagten getragenen Gerichts- und Anwaltskosten, schmälern allerdings nur das Genugtuungsbedürfnis der Kläger. Dagegen bleiben sie ohne Einfluß auf das zweite Ziel eines Schmerzensgeldanspruchs, nämlich dem Verletzten einen Ausgleich für die ihm zugefügte Rechtsverletzung zu gewähren. Zugunsten des Beklagten schlägt schließlich zu Buche, daß er sein Fehlverhalten eingeräumt und sich dafür entschuldigt hat.
Andererseits muß er sich entgegenhalten lassen, daß seine nächtlichen Störanrufe keineswegs nur als Bagatell-Belästigungen gewertet werden können, sondern daß sie das körperliche und seelische Wohlbefinden der Kläger bis in den Tag hinein erheblich beeinträchtigten. Schwer wiegt auch die Zielgerichtetheit und Hartnäckigkeit, mit der der Beklagte zum Mittel der Ruhestörung griff, um den mit ihm verfeindeten Klägern zuzusetzen."
(Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg
vom 29.9.1992, Az. 1 U 2099/92; rechtskräftig)