STRAFRECHT
Verwendung der Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ strafbar - § 86a StGB
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Dies hat am 15.11.2002 der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe entschieden und damit eine anderslautende Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe vom 8.5.2002 aufgehoben.
Dieses hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen 25jährigen Studenten und einen 26jährigen Handwerker abgelehnt und damit eine Anklage der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 8.2.2002 zurückgewiesen. Beiden wird hierin vorgeworfen, auf ein von ihnen in Karlsruhe betriebenes sog. „nationales Infotelefon“ als Bandansage im Anschluss an verschiedene Veranstaltungshinweise der rechten Szene die Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ aufgesprochen und hierdurch Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation nach § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB verwendet zu haben. Eine Strafbarkeit dieses Verhaltens hat die Straf-kammer aus Rechtsgründen verneint, weil die benutzte Parole keinem tatsächlich gebrauchten Kennzeichen der Waffen-SS oder einer sonstigen ehemaligen nationalsozialistischen Organisation zum Verwechseln ähnlich sei.
Anders nun der 1. Strafsenat:
Die Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ sei nämlich nach der konkreten Art ihrer Benutzung der Parole „Blut und Ehre“ der Hitlerjugend zum Verwechseln ähnlich i.S.v. § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB. So seien die Begriffspaare „Ruhm und Ehre“ und „Blut und Ehre“ in sprachlicher Hinsicht nahezu identisch. Auch inhaltlich verkörperten beide glorifizierende Werte und vermittelten damit Symbolgehalte, denen in der Propaganda der NS-Zeit erhebliche Bedeutung zuge-kommen sei. Diese Ähnlichkeit werde auch nicht dadurch aufgehoben, dass dem Begriff „Ruhm und Ehre“ die Ergänzung „...der Waffen-SS“ angefügt worden sei. Dies führe nämlich nicht dazu, dass die Parole ihre Nähe zu jener der Hitlerjugend verlöre. Denn die Verwechslungs-gefahr entfalle nicht dadurch, dass in der Parole in Abweichung zur Originallosung ein Bezug zu einer anderen, in gleicher Weise verfassungswidrigen Organisation hergestellt werde.
Auch die konkrete Art der Benutzung in Form einer Losung spreche für eine Strafbarkeit. Die Bandansage habe nämlich ansonsten nur Veranstaltungshinweise enthalten und habe sich nicht etwa mit der Geschichte der Waffen-SS auseinandersetzen wollen. Werde die Parole aber - wie in den letzten Jahren vermehrt geschehen - in erster Linie als ein die gemeinsame Gesinnung repräsentierendes Erkennungssymbol der rechten Szene verwendet, so könnten sich die Verwender insoweit nicht auf den Schutz der Meinungsfreiheit berufen.
Das Landgericht Karlsruhe muss nunmehr eine Hauptverhandlung in dieser Sache anberaumen. Ein Termin hierfür steht noch nicht fest.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2002 - 1 Ws 179/02 -
Auszüge aus dem Gesetzestext:
§ 86 a StGB Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Unterstreichungen vom Verfasser)
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
Abs. 1
(1) im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften verwendet oder
(2) Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.
Abs. 2 Kennzeichen i.S.d. Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.