VERFASSUNGSRECHT
Weiterhin geheime Entscheidung über Rüstungsexporte
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Karlsruhe (jur). Die Bundesregierung kann weiterhin allein und ohne Öffentlichkeit über Rüstungsexporte entscheiden. Erst wenn eine Entscheidung gefallen ist, muss sie künftig früher den Bundestagsabgeordneten auf Anfrage Auskunft geben, urteilte am Dienstag, 21. Oktober 2014, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (Az.: 2 BvE 5/11). Die Entscheidungsgründe muss sie dabei aber auch nachträglich nicht offenlegen.
Damit gab das Bundesverfassungsgericht einer Verfassungsbeschwerde der bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele, Katja Keul und Claudia Roth nur teilweise statt. Sie hatten kritisiert, dass die Bundesregierung 2011 jegliche Auskunft zu Exportgeschäften mit Saudi Arabien und Algerien abgelehnt hatte. Dabei ging es um die Lieferung von 200 Leopard-Kampfpanzern an Saudi-Arabien sowie von Fuchs-Transportpanzern, Fregatten und weiterer Rüstungsgüter an Algerien.
Über sensible Rüstungsexporte entscheidet in Deutschland der Bundessicherheitsrat, ein neunköpfiges Untergremium der Bundesregierung unter Leitung der Bundeskanzlerin. Er gibt jährlich einen Rüstungsexportbericht heraus, der über die genehmigten Rüstungsexporte informiert.
In Artikel 26 des Grundgesetzes heißt es: „Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden.“
Wie nun das Bundesverfassungsgericht entschied, gehört daher die Entscheidung über Rüstungsexporte „in den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ der Bundesregierung. Müsse die Bundesregierung schon Voranfragen über noch offene Genehmigungsverfahren beantworten, werde diese alleinige Entscheidungskompetenz untergraben. Aus dem Kontrollrecht des Bundestags werde so faktisch eine Mitbestimmung. Auch müsse die Bundesregierung die Wettbewerbsinteressen und Betriebsgeheimnisse der deutschen Rüstungsunternehmen wahren.
Zudem „haben Rüstungsexporte in der Regel eine diplomatische Dimension“, heißt es weiter in dem Karlsruher Urteil. Daher müsse die Bundesregierung generell nicht über ihre Entscheidungsgründe informieren. Denn diese Gründe könnten bei einer Ablehnung betroffene Länder öffentlich brüskieren und die Entscheidungen drohten berechenbar zu werden.
Für „die Grunddaten des Kriegswaffenausfuhrgeschäfts“ endet nach dem Karlsruher Urteil das Recht der Regierung auf Geheimhaltung aber, sobald eine Entscheidung getroffen ist. Insoweit müsse die Bundesregierung Anfragen der Abgeordneten über genehmigte oder abgelehnte Exportgeschäfte grundsätzlich beantworten. Auch hier könne es allerdings im Interesse der Diplomatie Ausnahmen geben. Diese müsse die Bundesregierung dann aber begründen.
Der Verfassungsbeschwerde gab das Bundesverfassungsgericht daher nur bezüglich mehrerer Anfragen vom Juli 2011 statt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bundessicherheitsrat über die umstrittenen Rüstungsexporte bereits entschieden.
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